Favela-Tour



 

Ich war heute mit einem Führer und 10 Travellern auf einer dreistündigen Favela-Tour unterwegs. So ’ne geführte Tour ist die einzige sichere Art, als Gringo eine Favela von innen zu sehen, auf eigene Faust sollte man dort keinen Fuß reinsetzen. Immer wieder sind Touristen in Favelas verschwunden, wahrscheinlich werden sie einfach ausgeraubt, abgeknallt und irgendwo verschachert, die Polizei setzt dort keinen Fuß rein und findet sie deshalb auch nie. Warum niemand die geführten Touren überfällt, die ja eigentlich ein lohnenswertes Ziel wären, weiß ich nicht 100%ig, aber man erzählt sich, dass die Führer die Favela-Bosse bezahlen und sich somit Sicherheit erkaufen.

Favela und DowntownTrommelnGasseFrauHäuserShopHofÜberblick

Wir sind um 10 Uhr morgens in die Rocinha Favela gefahren mit ca. 200,000 Einwohnern die größte in Rio. Sie liegt, wie fast alle Favelas, auf ’nem Hügel, hoch brachten uns Motorrad-Taxis. Die Fahrt war ein ziemlicher Adrenalinkick, denn die Motorräder lieferten sich ein kleines Rennen und hatten einen Heidenspaß daran, uns Gringos vor Angst schlottern zu sehen. Sie schlängelten sich zentimeternah am Gegenverkehr vorbei, aber irgendwie hat alles geklappt und wir kamen oben an.

In den 30er Jahren entstand Rocinha, indem Arme einfach ihre Hütten auf den bis dahin unbebauten Hügel setzten und dort lebten. Heute gibt es in Rio über 700 Favelas. Rocinha ist inzwischen recht gut entwickelt, die meisten Häuser bestehen aus Stein, es gibt Strom und Wasser. Im Norden von Rio müssen sie wohl richtig krass sein und nur aus Holz und Planen bestehen. Die Bewohner von Rocinha arbeiten oft in der Stadt in Baubetrieben und können ihr Know-How so für den Favela-Bau verwenden. Aber man kann auch dort von recht komfortablen Häuserrn bis zu ärmlichen Bruchbuden alles finden.

Unser Führer war etwas geizig mit Informationen und erzählte nur das nötigste, von Nina hatte ich aber ’ne ganze Menge über das Favela-Leben erfahren. Die meisten Favelas werden von Drogenbossen regiert, die auf der Spitze des Hügels ein schickes Häuschen haben. Die Favela ringsherum funktioniert wie eine Armee. Typen mit Walkie-Talkies und Maschinengewehren rennen herum und halten nach Bullen Ausschau, sobald welche gesichtet werden, wir die Information sofort weiter gefunkt. Wenn’s hart auf hart kommt, müssen alle Bewohner kämpfen, entweder gegen einfallende Bullen oder eine konkurrierende, angreifende Favela-Armee, dafür gibt’s leicht erreichbare Waffendepots.

Wenn in der Stadt irgendwas passiert, was dem Favela-Boss nicht passt, ruft er zum Streik auf. Dann darf keiner der Bewohner mehr arbeiten, und weil fast alle Jobs in den umliegenden Stadtvierteln haben, funktioniert dann schnell gar nichts mehr, Busse fahren nicht und so weiter.

Apropos Busse: Außer den Stadtbussen fahren tausende Minibusse durch Rio, besonders nachts kommt man damit am schnellsten zum Ziel. Die Minibusse werden von den Favelas betrieben, ein Teil von der verdienten Kohle geht an den jeweiligen Boss. Die Farbe der Busse signalisiert, zu welcher Favela sie gehören und wenn eine bestimmte Farbe mal nicht unterwegs ist weiß man, dass es in dieser Favela gerade Stress gibt.

Wir haben außer den Walkie-Talkie- und Maschinengewehrtypen aber nicht allzu viel von all dem Untergrund mitbekommen. War trotzdem superinteressant, diese Welt mal zu sehen, auch wenn ich mir bisschen komisch vorkam, als reicher Gringo mit der Kamera durch die Slums zu rennen und arme Leute zu fotografieren. Andererseits hätte ich sonst nur das reiche Rio zu Gesicht bekommen und ich wollte auf jeden Fall auch mal die andere Seite sehen.

Bolivianische Geschichte im Museum



 

Hier in Sucre ist für mich vor allem Chillout angesagt. Nach der Action in La Paz muss ich mal bisschen runter kommen. Paul zieht morgen nach Potosi weiter, um sich das dortige Bergwerk anzuschauen. Die Gänge sind so groß wie ein Hasenbau, es ist dunkel, stickig und gefährlich. Aber es gibt Führungen für Touris, die wohl ganz gut kicken sollen. Man kann sich zum Beispiel Dynamit kaufen und eine kleine Testsprengung vornehmen. :) Ich bin im Moment zu faul für sowas, werd bis Sonntag hier bleiben und Paul dann in Uyuni wieder treffen.

Unabhängigkeitserklärung von BolivienSimon Bolivar, der Bolivien in die Unabhängigkeit führte

Heute waren wir im Museum und haben uns bisschen Bildung über bolivianische Geschichte gegeben. Unser Führer war recht engagiert und konnte ’ne Menge über das Land erzählen. Nach wie vor geht’s wohl ziemlich korrupt zu und irgendwie hängen alle im Kokainhandel drin.

Das war’s dann aber auch schon an Aktivität für heute, ich werd gleich bisschen im Hotelzimmer vor’m Fernseher chillen. Die „Deutsche Welle“, ein internationaler, deutschsprachiger Sender, macht mich immer recht glücklich, wenn ich den irgendwo sehen kann. :)

Gefängnis in La Paz



 

Heute wollten Paul und ich das Gefängnis „San Pedro“ in La Paz besuchen. Es ist ein kleiner Stadtteil für sich, umgeben von ’ner hohen Mauer. Drinnen herrscht zügellose Korruption: Wer als „Insasse“ genug Kohle rüberreicht, kann dort eine Luxuswohnung haben, wer’s nicht tut, landet im letzten Loch. Das Gefängnis ist außerdem eine der größten Kokainfabriken in ganz Bolivien. Inzwischen ist es außerdem ’ne kleine Touristenattraktion geworden und wir haben uns sagen lassen, dass man für 200 Bolivianos (20 Euro) Bestechungsgeld rein darf und sogar ’ne Führung bekommt.

Also sind Paul und ich heute mit Taschen voller Geld vor’m Gefängnis aufgelaufen und haben den Wärter um Einlass gebeten. Er meinte aber trocken, dass keine Touristen rein dürften, nur Besucher von Gefängnisinsassen. Wir boten ihm an, dass wir bezahlen könnten, aber er ließ sich nicht im geringsten beeindrucken. Schließlich zogen wir unverrichteter Dinge von dannen.

Inzwischen wissen wir, wie der Laden wirklich funktioniert. Man besticht nicht die Wärter, sondern einen Insassen. Dafür lässt der einen als sein „Besucher“ ins Gefängnis und zeigt einem auf ’nem Rundgang, wie der Laden so läuft. Es zirkulieren einige Telefonnummern von Insassen, die man anrufen kann und den Deal mit ihnen klar machen. Wir haben leider keine Zeit mehr dafür, weil wir morgen Mittag nach Cochabamba weiter ziehen.

Kokablätter



 

Eine alte Tradition in Peru ist das Kauen von Kokablättern. Das unbehandelte Blatt enthält neben Calcium, Eisen und Vitaminen 14 Alkaloide. Kokain wird durch chemische Weiterverarbeitung des Kokablatts gewonnen, dadurch wird allerdings nur ein einziges dieser Alkaloide in konzentrierter Form isoliert. Heutzutage ist der Verkauf von Kokablättern nur noch in Bolivien und Peru legal.

Hab mir gestern zusammen mit Paul Kokablätter vom Markt geholt. Nach einigen gescheiterten Versuchen bekamen wir raus, wie’s funktioniert. Die Alkaloide lassen sich nur durch Zugabe eines Katalysators aus dem Blatt lösen. Dazu dient ein Stein aus gepresster Pflanzenasche, den dazu kaufen kann. Man schnappt sich 10 oder mehr der Blätter, streut einige Brösel des Steins darauf, faltet das Ganze zusammen und stopft es sich zwischen Wange und Zähne. Nach einigem Saugen und Kauen fühlt sich der Mund leicht taub an, das Gefühl zieht sich bis in den Hals und ist ganz angenehm. Nach ca. 45 Minuten spuckt man die Blätter aus. Der bittere Geschmack ist nicht jedermanns Sache, ich hab aber kein Problem damit.

Koka soll Energie geben, das Hungergefühl unterdrücken und gegen Höhenkrankheit helfen. Außer der Taubheit im Mund hab ich davon allerdings nicht allzu viel gemerkt, wahrscheinlich braucht man ’ne ganze Menge dafür. Die Locals kauen Koka von früh bis abends, das soll gegen alles mögliche helfen, von Krankheiten bis zu Zahnverfärbungen.

In Peru gibt’s jede erdenkliche Speise mit Koka, Kokaschokolade, Kokabonbons, Kokatee, Kokaplätzchen und Kokagummibärchen. Eine spürbare Wirkung hat aber nur das Kauen der Blätter, weil ohne den Katalysator kaum Alkaloide in den Körper gelangen. Ich hab noch ’nen ganzen Sack an Blättern und werd damit noch ’ne Weile rumexperimentieren. :)