Bin vorgestern mit Johnny zusammen zu ’ner zweitägigen Tour ins Colca Valley aufgebrochen. Dort gibt’s den Colca Canyon, der mit ca. 3600 Metern der tiefste der Welt ist. Paul wollte in Arequipa bleiben, weil er vor einigen Tagen schon auf ’ner längeren Tour unterwegs war und sich nicht noch eine geben wollte.
Um 7 Uhr morgens ging’s los mit dem Bus, wir waren ’ne Gruppe von 20 Leuten. Von unserer peruanischen Führerin war ich sofort begeistert, sie hatte wunderschöne Augen und hatte irgendwas resolutes, aber doch attraktives an sich. Sie hieß Maria Eugenia und legte großen Wert darauf, mit ihrem vollen Namen, nicht nur Maria, angesprochen zu werden, was ein echter Zungenbrecher für alle war.
Wir fuhren für einige Stunden durch Berglandschaften, auf denen es jede Menge Alpakas und Lamas zu sehen gab, außerdem einen vom Aussterben bedrohten Verwandten, das Vikunja. Die gibt’s dort noch reichlich, sind lustige, kleine, kuschlige Viecher.
Die Landschaft war beeindruckend, wir erreichten Höhen von fast 5000 Metern und die Luft wurde ziemlich dünn. Maria Eugenia empfahl das Kauen von Kokablättern gegen die Höhenkrankheit, was ich genüsslich tat.
Nach einigen Stunden erreichten wir Chivay, ein süßes Dörfchen, das ein bisschen aussah, als wäre es direkt aus der Vergangenheit dorthin gebeamt worden. Frauen in bunten, traditionellen Trachten trugen Körbe mit Früchten auf ihrem Rücken, Kinder spielten mit Murmeln auf den Straßen. Man konnte aber einen deutlichen Schnitt zwischen älteren und jüngeren Menschen erkennen, jeder über 40 war traditionell gekleidet, alle jüngeren ziemlich westlich.
Inzwischen hat der Tourismus in Chivay Einkehr gehalten und es gibt ’ne Menge Hotels, unter anderem unseres. War ein gemütliches Plätzchen für die eine Nacht. Man versuchte uns zu ’nem teuren Buffet mit Gringopreisen (5 Euro) zu locken, Johnny und ich waren aber schlau und suchten uns selber was, wo wir für 1,50 Euro Hähnchen mit Pommes und Salat bekamen.
Danach ging’s für zwei Stunden auf ’nen kleinen Trek in die Berge. Maria Eugenias Family stammt aus dem Colca Valley, deshalb konnte sie jede Menge Geschichten darüber erzählen und ich hing an ihren schönen Lippen. :) Wir sahen alte Grabstätten und einige Schädel, wunderschöne Landschaften und kleine Dörfchen.
Abends gab’s im Restaurant ’ne Show mit traditionellen Tänzen, war ganz lustig, für meinen Geschmack aber bisschen zu touri-mäßig. Nachdem ich den ganzen Tag über Lamas gesehn hatte, musste ich natürlich mal eins als Steak verspeisen. War lecker und erinnerte ein bisschen an Lamm.
Interessant war ein Tanz, mit denen man früher versuchte, das Gelbfieber zu heilen. Dabei wird der Betanzte auf den Boden gelegt und der Partner tanzt über ihm mit einer Peitsche, deren Schläge die Krankheit austreiben sollen. Natürlich wurden auch Touris dazu „eingeladen“, den Tanz auszuprobieren. Ich bin glücklicherweise verschont geblieben, aber auf einige Opfer schnellte unter lauten Schreien erbarmungslos die Peitsche nieder.
Die Nacht war etwas durchwachsen, weil sich die 3600 Höhenmeter, auf denen wir uns befanden, durch pochende Kopfschmerzen bemerkbar machten. Zum Glück fand ich morgens jemanden mit Aspirin, zu alternativer Heilung mit Kokablättern fehlte mir in dem Moment ein wenig die Experimentierfreude.
Wir fuhren zum Cruz del Condor, einem Aussichtspunkt, an dem man ’ne gute Chance hat, Kondore zu sehen. Wir hatten Glück und bekamen mehr als 10 dieser Riesen zu sehen, mit bis zu drei Metern Flügelspannweite sind das sehr beeindruckende Kollegen. Einige segelten in wenigen Metern Abstand vorbei und man konnte ein lautes Zischen hören.
Danach ging’s auf einen kleinen Walk am Canyon-Rand entlang. Es war nicht die tiefste Stelle, aber mit ca. 1200 Metern trotzdem nicht zu verachten. Maria Eugenia erzählte die eine oder andere Geschichte über den Canyon. Er wurde in den 90er Jahren zu ersten Mal vermessen, erst da wurde bekannt, dass es der tiefste der Welt ist. Vorher gab es keinen Tourismus dorthin, die Tiefe war aber natürlich ’ne gute Werbung, um das Geschäft anzukurbeln. Es ist aber wohl trotzdem nicht der spektakulärste Canyon, denn seine Wände sind schräg und er gleicht eher einem steilen Tal. Der Grand Canyon in den USA ist zwar nur ca. 1000 Meter tief, dafür hat er senkrechte Wände.
Wir fuhren mit dem Bus weiter, machten noch einige Stopps im Tal, dann ging’s wieder zurück nach Arequipa. Ich ließ es mir natürlich nicht nehmen, Maria Eugenias E-Mail-Adresse zu ergattern, gab ihr noch zwei Küsschen, ein gutes Trinkgeld und verabschiedete mich. :)
Alles in allem war’s ’ne super Tour, nicht unbedingt wegen dem Canyon, sondern der Landschaft und den Dörfern ringsherum. Und natürlich wegen Maria Eugenia, die der beste Tour-Guide meiner ganzen bisherigen Reise war.