Downhill-Biking an der Klippe überlebt



 

Heute war’s so weit, Paul und ich haben die Mountainbike-Downhilltour auf der „gefährlichsten Straße der Welt“ überlebt. 100 Menschen ließen schon ihr Leben dort, aber wir haben’s geschafft.

Start auf 4800 Metern HöheEs wird ernstTodeskurveGeschafft, alle lebend im Tal angekommen

War wirklich spektakulär, ein Bus fuhr uns auf 4800 Meter hoch, dann ging’s los, die ersten Kilometer gechillt auf der Straße, danach wurde es ernst. Eine 3,20 Meter breite Schotterpiste an einem bis zu 400 Meter tiefen Abgrund entlang. Die Mountainbikes waren richtig gut, Downhill-Bikes mit dicken Reifen, die so ziemlich jeden Untergrund meistern konnten. Man musste allerdings eine gewisse Geschwindigkeit beibehalten, wenn’s zu langsam wurde, kamen die Bikes ins Schlingern.

Die Strecke war insgesamt 40 km lang und führte 3600 Höhenmeter runter bis auf 1200 Meter. Wir sind alle heil unten angekommen, aber ein paar Mädels bekamen’s unterwegs mit der Angst zu tun und fuhren den gefählichsten Teil mit dem Bus. :)

Auf der Strecke hat man meistens gar nicht gerafft, wie tief es runter ging, weil man zu sehr auf die Straße konzentriert war. Aber ab und zu hab ich doch einen Blick nach links gewagt und es sah echt gruselig aus. Dazu kam, dass wir immer links, also direkt am Abgrund fahren sollten, weil entgegenkommende Autos grundsätzlich nah dem Felsen fahren und wir so Kollisionen vermeiden sollten. Sicherlich keine schlechte Idee, vor ’ner Woche erst sind 10 Japaner von ’nem entgegenkommenden Truck überfahren worden. Aber so fuhr man immer ca. 50 cm vom Abgrund entfernt, das gab gut Adrenalin. :)

So richtig bewusst wurde uns die Gefährlichkeit der Strecke erst, als wir im Bus zurück nach oben fuhren und Zeit hatten, aus dem Fenster zu schauen. Unser Führer hat uns erzählt, dass die Bewohner der umliegenden Dörfer beim besten Willen nicht verstehen können, warum Gringos viel Geld ausgeben, um die Todesstraße runter zu rasen. Ich würde es als Einheimischer wohl auch nicht begreifen. :)

Abenteuerplanung in La Paz



 

Heute Mittag haben Paul und ich den Bus nach La Paz, der Hauptstadt von Bolivien, genommen. Zwischendurch wurde der Lake Titikaka mit der Fähre überquert, wir mussten aussteigen und ansehen, wie der Bus auf eine schwimmende Holzkonstruktion fuhr, die aussah, als würde sie keine 100 kg tragen. Wir setzten mit ’nem Boot rüber, dass wirkte, als wäre es von ’nem Hobbyheimwerker fix zusammen gekloppt worden. Aber der Schein trügte, die Technik funktionierte bestens.

Unser Bus auf der FähreUnser Boot auf dem Lake TitikakaMädchen aus dem BusLa Paz von oben

Im Bus saß ein lustiges Mädchen vor uns, vielleicht 4 oder 5 Jahre alt. Hab die ganze Zeit mit ihm rumgealbert und Faxen gemacht, hab zwar kein Wort vom Babyspanisch verstanden, aber Faxen machen ist zum Glück international. :)

In La Paz angekommen haben wir uns ein Hotel gesucht, haben beide ein Einzelzimmer mit Fernseher, denn Bolivien ist so billig, dass wir uns auch mal ein bisschen Luxus gönnen können. Danach haben wir ein paar Agenturen ausgecheckt, denn wir haben hier einige Abenteuer vor.

Wir haben für Samstag einen Mountainbike-Downhill-Trip auf der sogenannten „gefährlichsten Straße der Welt“ gebucht. Es ist die Strecke von La Cumbra nach Coroico, insgesamt 64 km lang mit einem Höhenunterschied von 3600 Metern. Die Straße ist eine holprige Schotterpiste, nur 3,20 Meter breit und verläuft entlang einem 600 Meter tiefen Abgrund. Vor zwei Wochen erst hat einer Bekanntschaft mit einem laaaangen freien Fall gemacht. Wir haben uns aber ’ne gute Agentur ausgesucht die Spitzen-Downhill-Bikes zur Verfügung stellt, sollte also glatt gehen.

Nächste Woche wollen wir uns dann mal mit ernsthaftem Bergsteigen beschäftigen. Der Machu Picchu Trek war ein gutes Warm-up mit dem 4600-Meter-Pass, jetzt wollen wir mehr. In der Nähe von La Paz befindet sich der Huayna Potosi, ein 6088 Meter hoher Berg. Haben uns heute mal bisschen schlau gemacht, wie man dort hochkommt, werden morgen wohl eine 3-Tages-Tour buchen. Wir bekommen ein Bergsteig-Training und Ausrüstung von der Agentur, komplett mit Seilen, Steigstiefeln und Eisaxt. Die letzte Nacht verbringen wir im Zelt in Eis und Schnee im Base-Camp bei -10 Grad, dann geht’s steil eine 300-Meter-Wand hoch zum Gipfel. Bin gespannt, ob wir das hinkriegen, 6088 Meter, das wäre echt ’ne krasse Sache!

Trek zum Machu Picchu – Tag 2



 

Gestern Abend war’s dann doch ganz gemütlich. Hab mir ein Zelt mit Paul geteilt, mit sämtlichen Klamotten im Schlafsack wurde es auch langsam warm. Um diesem Prozess noch etwas nachzuhelfen, nahmen wir beide ein Schlückchen vom 43%igen Pisco, den wir uns für Notfälle eingepackt hatten.

Wir kamen ins Quatschen über die Trekking-Kollegen, Israelis, Girls im allgemeinen, Girls in unserer Truppe… und so nach und nach floss das ein oder andere weitere Schlückchen in unseren Rachen. Nach drei Stunden stellten wir fest, dass wir ordentlich angedüdelt waren und die Piscoflasche halb leer. Oh oh, wenn das mal kein böses Erwachen gibt, dachten wir uns. In der dünnen Höhenluft ist Alkohol angeblich doppelt so stark, das könnte interessant werden…

Heute Morgen bekam ich direkt die Rechnung dafür. Um 5 Uhr wurden wir geweckt, ich wachte unglaublich verkatert auf. Nachdem ich mich gestern wieder einigermaßen zusammengerappelt hatte, fühlte ich mich nun noch schlechter als zwei Tage zuvor. Ich schleppte mich zum Frühstückszelt und quälte mir ein halbes Brötchen rein. Danach gab es Pancakes, aber schon bei deren Anblick wurde mir schlecht. Hm, vielleicht half ein Tässchen Tee? Probieren kann man’s ja mal… oh, oh, keine gute Idee, davon wurde mir richtig übel.

Endloser AufstiegRastAm Fuß des SalcantayGeschafft, 4600-Meter-Pass

Jose Luis fragte, ob alle bereit zum Start seien. Ich machte drei Schritte und spürte wie sich mir der Magen umdrehte. Ich wankte von der Truppe weg und kotzte mir die Seele aus dem Leib. Scheiße, die Piscoflasche würde ich nicht mehr anrühren, schwor ich mir. Nach der Magenentleerung fühlte ich mich schon ’ne ganze Ecke besser. Ekelhafterweise kam direkt ein streundender Hund angelaufen und fraß genüsslich meinen Mageninhalt. Viel Spaß, in ’ner Stunde geht’s dir genauso wie mir, dachte ich so.

Der Gedanke an die vor mir liegende Aufgabe ließ mich erschaudern: Ausgerechnet heute ist der schwierigste Tag des ganze Treks, 30 km in 10 Stunden. Dabei ging es in den ersten 3 Stunden 700 Höhenmeter rauf zum Salkantay-Pass auf 4600 Metern Höhe.

Schritt für Schritt kämpfte ich mich vorwärts, Ibuprofen hielt mich am Leben, aber ich merkte deutlich, dass meine Kräfte nicht wirklich da waren. Mit Staunen sah ich einige von der Truppe hunderte Meter weiter oben flink aufwärts klettern. Der Aufstieg war unglaublich steil, ich wollte niemanden hören und sehen und stapfte alleine Schritt für Schritt nach oben. Schweiß rann aus allen Poren, die Sonne brannte ins Gesicht und das Atmen war nur noch ein lautes Schnaufen. Allerdings war ich nicht der Letzte unserer Truppe, Claire schien nach jedem Schritt fast aufgeben zu wollen und fiel weiter und weiter zurück.

Nach zwei Stunden, in denen ich bangte, ob ich es schaffen würde, war laut unserem Führer der schwierigste Teil geschafft. Wir erreichten ein kleines Zwischenplateau auf 4350 Metern Höhe und machten Rast. Ein wenig stutzig machte mich allerdings, dass noch weitere 250 Höhenmeter zu überwinden waren. Die Landschaft war gigantisch. Hinter uns lag das grüne Tal, vor uns ragte der 6264 Meter hohe Salkantay empor, an dessen Fuß wir den 4600-Meter-Pass erreichen sollten. Salkantay heißt in Quechua, der Inkasprache, „wilder Berg“.

Nun ging’s weiter in Richtung Pass. Nach einer weiteren Biegung konnte man die höchste Stelle sehen, die Landschaft wurde rauh und steinig und ein frischer Wind kam auf. Nun wurde die Luft auch merklich dünn. Obwohl der Weg nicht allzu weit schien, wurden meine Schritte immer langsamer und das Atmen fiel schwer. Ich ließ die anderen davon ziehen und kämpfte mich Schritt um Schritt vorwärts. Nach weiteren eineinhalb Stunden war der Aufstieg so gut wie geschafft, nur noch wenige hundert Meter lagen vor mir, auf denen ich allerdings alle paar Schritte pausieren musste. Schließlich erreichte ich das Ziel, völlig erschöpft, aber glücklich.

Wir warteten auf Claire, von der weit und breit nichts zu sehen war. Ich machte mir Sorgen, da ich mir kaum vorstellen konnte, dass sie den Gipfel erreichen würde. Nach einigen Minuten Pause merkte ich, dass es bitterkalt war, garantiert unter 0 Grad, denn um uns herum war hier und da ein Fleckchen Schnee zu sehen. Dazu fegte ein eisiger Wind um unsere Ohren. Nach ’ner halben Stunde meinte Jose Luis, dass er nach Claire suchen will, wir aber schon mit dem Abstieg in Richtung Mittagscamp beginnen sollten.

Das Wort Abstieg klang wie Musik in meinen Ohren. Es sollte den ganzen restlichen Tag nur noch bergab gehen, bis auf 2400 Höhenmeter zu unserem Zeltplatz. Ich musste aber feststellen, dass Downhill-Trekking über Stock und Stein auch ’ne recht anstrengende Angelegenheit ist. Erstens muss man höllisch aufpassen, sich nichts zu verknacksen oder gar zu brechen, denn das würde hier heißen: Tagelanger, holpriger, schmerzhafter Krankentransport auf Pferden. Außerdem geht der Spaß mit der Zeit echt auf die Knie und Oberschenkel. Kurz: So erholsam, wie ich mir das erträumt hatte, war der Abstieg bei weitem nicht.

Nach drei Stunden war unser Mittagszelt in der Ferne in Sicht, mittlerweile war es 14 Uhr. Ich konnte mich kaum mehr auf den Beinen halten. So würde ich den Tag nicht überstehen, dachte ich mir. Als wir den Rastplatz erreichten fiel ich erschöpft ins Gras und döste vor mich hin. Unglaublicherweise tauchte alsbald Jose Luis mit Claire auf. Sie hatte es tatsächlich geschafft über den Pass zu klettern, sah aber nicht viel fitter aus als ich.

Nach ’ner Weile gab’s Essen, aber mein Magen war noch nicht wieder auf’m Dampfer und ich brachte nur ein paar Bissen Reis runter. Ein Apfel war jedoch ok und gab mir bisschen Kraft. Danach ließ ich mich wieder ins Gras fallen und döste weiter, bis Jose Luis uns rief, weiter zu marschieren.

Als ich wieder auf den Beinen war, fühlte ich plötzlich ungeahnte Energie in mir aufsteigen. Wie neugeboren marschierte ich flink und wach den Berg hinab. Ich wurde plötzlich richtig gesprächig und quatschte wie ein Wasserfall. War es der Apfel oder das Dösen im Gras? Egal, es hat auf jeden Fall geholfen. War auch bitter nötig, denn vor uns lagen weitere drei Stunden Marsch.

Die Landschaft veränderte sich mit abnehmender Höhe merklich. Es wurde wärmer, zuerst tauchten Büsche auf, dann Bäume und schließlich dichter Wald. Es wurde eine richtige Dschungeltour, bunte Vögel machten lustige Geräusche und wir hielten verstärkt Ausschau nach Schlangen. Es war unglaublich, dass wir vor wenigen Stunden noch in Kälte und Schnee bibberten und uns nun im heißen Dschungel befanden. Doch der Weg war weit und wir sehnten uns nach unserem Zeltplatz.

Als nach drei Stunden die Dämmerung hereinbrach und wir immer noch nichts als Wald sahen, wurde es langsam etwas gruselig. In der Nacht über Stock und Stein zu steigen war reiner Selbstmord, uns blieb nicht mehr viel Zeit. Schließlich tauchten nach einer letzten Kurve die Zelte vor uns auf. Und wie durch ein Wunder gehörte ich zu den Ersten, die diesen Ort erreichten. Ich fühlte mich wieder recht fit, meine Angeschlagenheit war überstanden. Nach ’ner halben Stunde tauchten schließlich alle im Camp auf, sogar Claire hat es geschafft. Um 8 Uhr gab’s Abendbrot, Suppe, Reis und Fleisch. Ich konnte wieder recht normal essen, spürte aber die Erschöpfung durch meinen Körper kriechen.

Jetzt will ich nur noch in meinen Schlafsack kriechen und so ist heute aber jeder drauf. Es war ein unglaublich anstrengender Tag und alle sind froh, den überstanden zu haben.