Nochmal all in und Abflug



 

Ich bin gestern Abend mit Sha, der Australierin aus meinem Hostel, noch lecker essen gegangen. Wir probierten ein traditionell bulgarisches Restaurant aus, das hier recht beliebt ist. Ich liebe die Fleischlastigkeit der bulgarischen Küche, praktischerweise steht in der Karte auch an jedem Fleischgericht eine Grammzahl. 250, 400, 600 Gramm oder mehr, alles ist möglich. Da man Beilagen und Fleisch separat bestellt, kann man sich wunderbar auf den Fleischteil konzentrieren und alles andere einfach weglassen. Ich habe mir ein 400 Gramm Schweinestück reingepfiffen, war total genial.

Danach sind wir ins Casino gefahren. Sha wollte Black Jack spielen und ich konnte es einfach nicht lassen, mich nochmal an den Pokertisch zu setzen. Kam aber nicht viel bei rum, bin nach zwei Stunden mit plusminus null rausgegangen, Sha hat 100 Leva (50 Euro) am Blackjack-Tisch verballert.

Casinos wirken auf mich immer wie ein Sammelbecken kranker Gestalten, bei vielen ist offensichtlich, dass da irgendeine Sicherung durchgebrannt ist. Da waren diese zwei Asiaten am Roulette Tisch, die in jeder Runde mindestens 1000 Euro quer über das Spielfeld verteilten. Oder dieser eine Pokerspieler, der während er am Tisch saß parallel auf seinem I-Pad Online-Poker spielte.

Nach dem Casino zeigte Sha mir eine süße Kneipe, die nur mit Kerzen beleuchtet war. Wir setzten uns an die Bar und zischten uns Bierchen und Schnäpperchen rein. Dabei staunten wir über die trinkfeste Barkeeperin, die mit jedem Gast, der ’nen Kurzen bestellte, auch einen mit trank. Ihr Hobby waren süße kleine Schnapscocktails, die sie mit total viel Liebe vor unseren Augen mixte. Das waren richtige Kunstwerke, praktischerweise spendierte sie uns ’ne ganze Menge davon.

Als wir so richtig schön einen sitzen hatten, kamen wir auf die – im wahrsten Sinne des Wortes – Schnapsidee, uns nochmal ins Casino zu setzen. Ich konnte kaum mehr gerade stehen und wurde mit gierigen Augen am Pokertisch begrüßt. Mit der Kaffee-Wasser-Taktik konnte ich mich aber wieder einigermaßen fangen, war ein unknackbarer Fels in der Brandung und ging nach einer großen Hand mit 120 Leva (60 Euro) plus vom Tisch. Nun hatte ich Flug und Hotel tatsächlich komplett am Pokertisch wieder reingespielt. :) Sha hat leider nochmal 100 Leva (50 Euro) beim Blackjack in den Sand gesetzt, ich rief uns ein Taxi und wir fuhren um 6 Uhr morgens zurück ins Hostel.

Sha wollte heute um 12 Uhr mittags ’nen Bus in die Türkei nehmen. Das versucht sie wohl schon ’ne ganze Weile, aber weil ihre Abende in Sofia meistens feucht-fröhlich wurden, hängt sie nun schon 2 ½ Wochen hier fest. Sie ist aber auch länger unterwegs, seit einem Jahr auf Weltreise, da fällt so ’ne kleine Verzögerung nicht wirklich ins Gewicht. Ich hab sie heute nicht mehr gesehen, also muss sie den Absprung wohl geschafft haben.

Für mich geht’s heute auch zurück, ich sitze gerade am Flughafen, in einer Stunde ist Start. Es war ein lustiger kleiner Trip, sowas sollte ich auf jeden Fall öfter mal machen. Hab schon geschaut, wohin man noch billig kommt. Rumänien würde mich auch mal interessieren, oder Spanien, um mal wieder bisschen die Sprache zu sprechen.

Ost-Charme



 

Heute war ich ganz schön verkatert, hab mich aber irgendwann um halb 2 aus dem Hostel geschleppt und was zum Frühstücken gesucht. Hab mich für Katerfrühstück bei McDonalds entschieden, das BigMäc Menü kostet hier 6 Leva (3 Euro), da kann man das schonmal machen. :)

Hab mich dann einfach mal in die Metro gesetzt und bin bisschen raus aus dem Zentrum gefahren. Sofia schien mir bis jetzt westlicher, als ich erwartet hätte, ich wollte mal schauen, ob ich bisschen außerhalb etwas Ost-Charme entdecken kann.

Ich wurde nicht enttäuscht, denn ich landete in einer riesigen Plattenbausiedlung, feinstes Berlin Marzahn. :) Bin dort bisschen rumgestreunt, fand aber, dass die Stimmung gar nicht so trist war wie die Architektur. In Südamerika geht’s in solchen Ecken auf jeden Fall bisschen anders zu, da sollte man besser keinen Fuß reinsetzen.

Nun liege ich wieder in meinem Keller-Bett und chille bisschen vor mich hin. Mal schauen, was der Abend noch so bringt. Es juckt mich ja, meinen Auftritt am Pokertisch nochmal zu wiederholen. Ich sollte es lassen, allein schon um mir die schöne Geschichte nicht zu versauen, aber es juckt halt einfach…

All in!



 

Nach der Völlerei und Bier und Wein im Restaurant hatte ich schon ziemlich einen sitzen. Ich hatte tagsüber schon ausgecheckt, dass im Casino „Princess“ gepokert wird, nun zog es mich dort an den Tisch. Cash-Game gibt’s für moderate Blinds von 1/2 Leva (50 Cent/1 Euro), also Chips für 100 Leva (50 Euro) gekauft und an den Tisch gesetzt.

Besoffen Pokern ist eigentlich gar keine gute Idee, ich musste unbedingt wieder etwas Klarheit in meinen Kopf kriegen. Was ganz nett ist, sind die kostenlosen Getränke, während man spielt, sowas sollte man in Berlin auch mal einführen. Hab ich mir einen Espresso nach dem anderen bestellt, um meinen Kopf wieder in die Spur zu kriegen.

Was ganz vorteilhaft an meinem Zustand war, war der Umstand, dass ich wie ein Irrer gewirkt haben muss. Habe die ganze Zeit ohne einen Hauch von Mimik in die Mitte des Tisches gestarrt, nicht gesprochen und auch nicht reagiert, wenn ich angesprochen wurde, tight gespielt, wenn was auf der Hand dann superaggressiv. Darauf kam der Tisch nicht klar, waren aber auch nur 2-3 gute Spieler dabei. Innerhalb von 2 Stunden hatte ich aus meinen 100 Leva (50 Euro) 300 gemacht (150 Euro) und mir so fast den Flug wieder reingespielt. Bin dann wortlos aufgestanden, habe meine Chips zu Geld gemacht und bin mit starrem Blick aus dem Casino raus. Draußen konnte ich mir das Lachen nicht mehr verkneifen. Ich muss wie so ein irres Phantom gewirkt haben, das mal eben wortlos den Tisch auseinander nimmt und dann wieder von dannen zieht. :)

Im Hostel habe ich dann eine Australierin namens Sha kennen gelernt. Sie hat mich zu einer süßen Kneipe geschleppt, so’n kleiner Kellerladen, wo wir uns noch ordentlich einen angesoffen haben. Haben noch bisschen mit einer Bulgarierin geschnackt, die ich aber bisschen antrengend fand. Eine andere meinte, alle Deutsche wären Rassisten, nun ja, wenn sie meint, da musste ich dann auch nix weiter zu sagen.

Irgendwann sind wir ins Hostel zurück, ich hab mich nochmal an ’ner Runde Online-Poker versucht, war nun aber wirklich zu hacke dafür und bin irgendwann eingeschlafen.

Kirchentour



 

Die erste Nacht war echt kalt. Die Sicherung, die für meinen Elektroheizer zuständig ist, flog raus und ich hab das ganz Hostel vergeblich nach dem Sicherungskasten durchsucht. Hab zum Glück einen Schrank mit Decken gefunden, so dass ich unter drei Schichten schlafen konnte, aber warm war’s trotzdem nicht. Am nächsten Morgen hat mich der Sicherungskasten dann im Flur schön von oben angelacht. Hochgucken hilft eben manchmal. :)

Habe mir dann Sofia bisschen angeschaut. Ich wohne genau im Zentrum in der Nähe des schicken Vitosha Boulevard, der voll mit edlen Shops und stylishen Cafes ist. Sofia macht auf mich bis jetzt einen entspannt unaufgeregten Eindruck. Es gibt keinen Touristenhorden und das Leben scheint recht normal vor sich hinzuplätschern. Im Zentrum ist gefühlt jedes zweite Gebäude eine Kirche, so dass ich mir wie auf einer Kirchentour vorkam. Ich gucke mir die ja ganz gerne mal von innen an, aber nach der zehnten hatte ich meine Tagesdosis dann auch voll. :) Schräg finde ich, dass in fast jeder Kirche ein riesiges Gerüst steht, ohne dass wirklich daran gearbeitet wird. Vielleicht würden sie sonst einfach zusammenstürzen?

Etwas außerhalb des Zentrums kann man wirklich superbillig essen, ich war in so ’ner Art Selbstbedienungsrestaurant und habe Hähnchen mit Kartoffeln plus großes Bier für 5,60 Leva (2,80 Euro) bekommen. Abends hat’s mich wieder zum bulgarischen Fleischmeister gezogen, wo ich mir ein dickes Schweinesteak mit viel Bier und Wein reingezogen hab. :)

Spontaner Flug nach Sofia



 

Letzten Sonntag hat es mich einfach so überkommen. Ich habe einfach mal den Skyscanner angeworfen und geguckt, wohin es in den nächsten Tagen billige Flüge gibt. Auf einmal hat mich ein Flug für 120 Euro nach Sofia so angelacht, dass ich mir selber nur noch dabei zuschauen konnte, wie ich auf „buchen“ klickte und schwuppdiwupp ein Ticket gekauft hatte.

4 Tage später, also heute, fand ich mich in einer Maschine von Bulgaria Air wieder. Nach zwei Stunden Flug schlug ich in Sofia auf und war on the road. So schnell kann’s gehen.

Das Wetter ist leider nicht viel besser als im Moment Berlin, so 2-3 Grad und Regen. Also bin ich schnell in mein Hostel geflüchtet, habe mir für 12 Euro pro Nacht ein Zimmer in der Canapee Connection genommen, hatte auf Hostelworld ganz gute Bewertungen.

Eigentlich ist es auch ganz gemütlich, aber wohl eher für den Sommer gedacht. Es gibt keine Heizung, deswegen muss man sich mit Elektroheizern behelfen. Der riesige Gemeinschaftsraum auf dem Dachboden ist geschlossen, weil der zu groß ist, um ihn warm zu kriegen. Und mich haben sie in den Keller gesperrt, „Souterrain“, wenn man es vornehm ausdrücken will. So schlimm, wie es klingt, ist es aber nicht. :) Aus dem Keller haben sie rausgeholt, was sie können, die Wände sind ganz nett bemalt und der Raum hat einen recht rustikalen Charme, so ein bisschen wie meine alte Wohnung in der Greifswalder Straße. Ein Fenster wäre nur ganz nett, habe nur so ein Guckloch ganz oben.

Eigentlich hatte ich ja gedacht, hier bisschen arbeiten zu können, aber ich habe keinen richtigen Tisch im Zimmer und im Bett mit Laptop auf’m Schoß programmiert sich’s doch nicht ganz so gut. Hab aber auch nicht sooooo viel zu tun, dass es unbedingt sein muss.

Bin dann heute Abend in ein beliebtes, traditionell bulgarisches Restaurant gegangen und habe superlecker gegessen. Das Restaurant war richtig schön rustikal eingerichtet, mit Weinfässern an den Wänden und so. Habe mir den Bauch mit einer fetten Fleischplatte vollgeschlagen und dafür nur 13 Leva (6,50 Euro) bezahlt. Auf der Karte fanden sich noch einige merkwürdige bulgarische Spezialitäten, wie „gekochter Lammkopf“ oder „Schafshirn“. Wenn ich mich in den nächsten Tagen etwas abenteuerlustig fühlen sollte, probiere ich das mal. :)