Partyeinstand



 

Gestern Abend hat Gustavo für mich und meine beiden Zimmergenossen riesige Fleischstücken gegrillt und uns mit weiteren Bieren befüllt. Alles für umme, er ist einfach unglaublich! Meine Zimmergenossen sind ein Paar, er ist Brasilianer und sie Australierin. Der Brasilianer ist ziemlich entspannt, aber die Australierin habe ich bisschen gefressen. Paare sind für Single-Reisende zwar immer ein bisschen wie eine Spezies von einem anderen Stern, aber diese Frau geht wirklich gar nicht. Sie guckt die ganze Zeit wie 7 Tage Regenwetter und bringt doch tatsächlich das Kunststück fertig, im Internet nach den neuesten Neuigkeiten aus Twilight zu schauen und begeistert davon zu erzählen. Da hätte sie mal lieber zu Hause bleiben sollen.

Wie es für reisende Paare so üblich ist, sind die beiden früh ins Bett gegangen, ich habe mich aber mit Gustavo wieder in die Spur gesetzt und wir sind zurück zum Open-Air Konzert gesteuert. Unter jungen Leuten scheint Chavez recht beliebt zu sein. In einem Monat sind hier Wahlen und ich habe überall T-Shirts gesehen, mit Sprüchen wie „Chavez ist wie du“ oder „Mein Herz schlägt für Chavez“.

Gustavo und ich haben uns noch ein paar Bierchen reingezischt, dabei haben wir ein paar Mädels kennen gelernt, von denen es mir eine wirklich angetan hat. Sie hatte wunderschöne braune Haut, dunkle Locken und eine Schnoddrigkeit, die aber gleichzeitig irgendwie bezaubernd war. Hab für uns alle eine Flasche Schnaps gekauft und mit der braunen Schönheit geschnackt und rumgeschäkert.

Irgendwann war das Konzert zu Ende und ich habe nur noch eine dunkle Erinnerung, dass wir an irgendeinem Kiosk standen und ich größere Mengen Bier für Gustavo, mich und die Mädels gekauft habe. Mein Mädel wollte plötzlich nach Hause, ich wollte mit, aber Gustavo hat mich weggezerrt und zurück ins Hostel geschleppt. Heute früh meinte er, dass sie im Barrio lebt und ich dort mindestens ausgeraubt, vielleicht aber auch um die Ecke gebracht worden wäre.

Im Hostel hab ich dann irgendwie bisschen am Rad gedreht. Hatte mich im Bad eingeschlossen, aber das Licht nicht angemacht und wusste auf einmal nicht mehr, wo ich war. Jetlag, Schnaps und Caracas in Kombination haben mich wohl irgendwie ausgeknockt, auf jeden Fall bekam ich die Tür nicht mehr auf, wusste nicht, ob ich im Hostel oder irgendwo anders war und habe wild um mich geschlagen, bis mich mein brasilianischer Zimmergenosse schließlich befreit hat.

Bei der Aktion ist einiges zu Bruch gegangen, heute früh war mir das Ganze echt peinlich, aber Gustavo war entspannt wie immer, meinte nur „tranquillo“ und hatte schon alles repariert. Er wollte mir sogar das Geld für das Bier wiedergeben, das ich gestern ausgegeben hatte, aber natürlich habe ich das nicht akzeptiert.

Jetzt gehe ich in die Stadt und lasse mich eine Runde ausrauben. :)

Caracas… ich bin drin!



 

Mittendrin… und ich lebe noch und hab sogar noch alle Sachen!

Aber der Reihe nach… der Flug war perfekt, hab mit der Costa-Ricanerin Karina neben mir die 10 Flugstunden fast durchgehend spanisch gesprochen, das war besser als jeder Kurs. Ich hab ihr bisschen deutsch erklärt, als sie nach was schwierigem gefragt hat, hab ich ihr „Schicht im Schacht“ beigebracht und sie hat sich stundenlang die Zunge daran zerbrochen. :) Habe sie schließlich nach Berlin eingeladen und sie mich nach Costa Rica, mal sehen, ob wir uns nochmal wieder sehen.

Am Flughafen habe ich mir eines der schwarzen „Taxis officiales“ geschnappt, die angeblich sicher sein sollen, bin aber doch mit einem etwas mulmigen Gefühl eingestiegen. Habe den Fahrer gefragt, wie es momentan mit der Sicherheit in Caracas aussieht und als er mit „un poco malito“ („ein bisschen schlechtlich“) antwortete, fühlte ich mich nicht gerade besser. Hab dann meine sämtlichen Wertsachen und Geldscheine so weit wie möglich in meinem Gepäck verteilt und ließ Caracas auf mich zukommen.

Meine größte Sorge war der Weg zum Hostel. Es liegt in einer Fußgängerzone, so dass man von der Straße aus 100 Meter laufen muss. Diese hundert Meter mit sämtlichem Gepäck wären bei einem Überfall auf jeden Fall sehr schmerzhaft. Bin dann aus dem Taxi gesprungen und im Stechschritt zur rettenden Tür marschiert, habe zweimal geklingelt, dann stand endlich Gustavo vor mir, der mir in diesem Moment wie der Heiland vorkam.

2 Stunden später muss ich mal wieder feststellen, dass nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird. Gustavo zeigte mir mein Zimmer, spendierte Bier und verbreitete eine dicke Portion gute Laune. Direkt um die Ecke hier steigt gerade ein kostenloses Konzert mitten im Zentrum von Caracas, er schleppte mich und meine 2 Zimmergenossen direkt dorthin und plötzlich waren wir mittendrin. Mucke, schöne Frauen, Polizisten, Soldaten, Jonglierer, finster aussehende Typen… alles auf einmal.

Ich liebe diesen Kontinent einfach! Hab ein paar Sätze mit einer schönen Brasilianerin gewechselt, mich staunend umgeschaut, dann hat uns Gustavo aber direkt wieder ins Hostel geschleppt. Jetzt steht frisches Bier auf dem Tisch, Gustavo grillt gerade und hat ein kostenloses Barbecue angekündigt.

Alles in allem: Die Spiele beginnen, und sie beginnen super!

Zurück nach Südamerika



 

In wenigen Stunden werde ich meinen Fuß nach 4 Jahren endlich wieder auf den südamerikanischen Kontinent setzen. Johannes ist seit einem Monat in Peru und Bolivien unterwegs und ich sitze gerade im Flugzeug von Frankfurt nach Caracas. Ich war schon in jedem südamerikanischen Land, außer Venezuela, deshalb will ich diesmal dort vorbei schauen.

Ich werde gegen 15:30 Uhr in Caracas aufschlagen, Johannes kommt in 3 Tagen von Lima aus dorthin geflogen und dann wollen wir uns in 4 Wochen von Venezuela über Kolumbien bis nach Panama City durchschlagen, von wo aus wir in einem Monat zurück nach Berlin fliegen.

Ich fliege mit Lufthansa direkt nach Caracas, für 300 Euro weniger hätte es einen Flug mit Iberia über die USA gegeben. Aber erstens hatte ich mir bei meinem letzten Iberia-Flug geschworen, nie mehr mit diesen Verbrechern zu fliegen und mit Zwischenlandungen in den USA habe ich auch nicht gerade die besten Erfahrungen gemacht. Also habe ich die 300 Euro mehr gerne gezahlt, um mir all das zu ersparen.

Ich freue mich voll, wieder on the road zu sein, habe im Moment aber erstmal einen Heidenrespekt vor Caracas. Auf den Listen der gefährlichsten Städte der Welt rangiert Caracas je nach Statistik zwischen Platz 1 und Platz 3, auf jeden Fall immer weit vor Bagdad. Pro Wochenende gibt es 150-200 Morde, allerdings meist zwischen verfeindeten Banden in den Barrios, wie man die Elendsviertel dort nennt. Als Ausländer hat man recht gute Chancen, desöfteren ausgeraubt zu werden, wahlweise von Dieben, oder gerne auch von der Polizei. Es ist nicht so richtig sicher, wer von beiden gefährlicher ist.

Ich habe hin und her überlegt, ob ich da wirklich rein will, oder vom Flughafen aus direkt in einen anderen Ort fahre. Habe mir nun aber doch für 2 Tage ein Zimmer im Zentrum von Caracas genommen. Ich war in jeder südamerikanischen Hauptstadt und will einfach wissen, wie es da ist, auch wenn es rau und nicht schön ist. Irgendwas kribbelt da in mir und will dort einfach hin.

Ich habe schon fest eingeplant, mindestens einmal ausgeraubt zu werden und habe mir eine billige Zweitkamera gekauft, die ich mir in Caracas abnehmen lassen kann. Aber auch so werden die zwei Tage dort wahrscheinlich die Hälfte meines Venezuela-Budgets auffressen, es ist einfach unglaublich, wie teuer Caracas ist. Die venezuelanische Währung, der Boliviano, ist offiziell mit 1:4,3 an den Dollar gekoppelt, hat aber eine jährliche Inflationsrate von 30 – 40 %. Auf dem Schwarzmarkt bekommt man einen besseren Kurs, deswegen habe ich mir die Taschen voller Dollars gepackt, um die dann schwarz zu tauschen, da bekommt man wohl einen Kurs von 1:9. Aber selbst zu diesem Kurs kosten die günstigsten Absteigen in einer halbwegs sicheren Gegend umgerechnet 50 – 60 Euro pro Nacht.

Habe jetzt ein Bett in einem 4er Dorm im Zentrum für 38 Euro pro Nacht reserviert. Bin mal gespannt, auf Hostelword haben alle vom freundlichen Besitzer Gustavo geschwärmt, der nett und sehr gastfreundlich zu sein scheint. Erstmal muss ich aber vom Flughafen aus heil dort hinkommen, denn wenn man ins falsche Taxi steigt, wird man auch gerne mal direkt entführt. Habe aber schon mit Gustavo gemailt, er meinte, ich solle nur die schwarzen Taxis mit gelben Schildern nehmen, die seien sicher.

Das Abenteuer beginnt also recht rustikal… aber ich denke mir, wenn ich Caracas überlebt habe, dann schaffe ich alles. :)

Neben mir im Flugzeug sitzt übrigens eine ganz nette Costa Ricanerin, mit der ich schon einen schönen Schnack gehalten habe, perfekt, um mein spanisch ein bisschen einzugrooven.