Antiker Bus in Tabriz

Tabriz – Erste Schritte im Iran

Ich bin in Tabriz im Iran. Es fühlt sich nun wirklich nach einer komplett anderen Welt an. Mein erster Eindruck ist, dass hier unter der Oberfläche ganz schön was am Brodeln ist.



 

Vom Iran hatte ich bis jetzt nur eine ganz vage Vorstellung. In der Türkei – und wohl nicht nur da – ist man der Meinung, der Iran sei gefährlich, doch alle, die mal dort waren, schwärmen von der überwältigenden Gastfreundschaft der Iraner. So war ich sehr gespannt, was denn da kommen möge, als ich mich gestern Morgen in Van ins Sammeltaxi setzte, das mich über die Grenze bringen sollte, von wo aus ich weiter nach Tabriz wollte.

Kurdische Kampfparolen per Google Translate

Das Ticket verkaufte mir in Van ein älterer Typ, der nicht müde wurde, mir kurdische Kampfparolen, übersetzt per Google Translate, unter die Nase zu halten. Als er mir auf dem Handy ein Foto seines Sohnes mit Maschinengewehr zeigte und stolz meinte, dass der gerade für die PKK in Kobane kämpfte, fragte ich ihn, ob er keine Angst um ihn hätte. „Kurden haben niemals Angst!“ war die Antwort, die Google Translate mit blecherner Stimme übersetzte. Nun ja…

Im Sammeltaxi lernte ich einen Iraner namens Majid kennen, der zwar kaum englisch konnte, aber mir mit den wenigen Worten, die er kannte, zu verstehen gab, dass ich ihn immer anrufen könnte, wenn ich Hilfe im Iran bräuchte. Ich sagte jaja, doch schon wenige Stunden später würde ich froh sein, ihn dabei zu haben.

Tank leer kurz vor der Grenze

20 km vor der iranischen Grenze war der Tank des Sammeltaxis plötzlich komplett leer gesaugt. Jemand sprintete mit einem Kanister los um Nachschub zu organisieren. Man hatte vorher nicht getankt, weil der Liter Diesel in der Türkei 1,50 Euro kostete, im Iran aber nur 7 Cent. Auf dem weiteren Weg sahen wir weitere liegen gebliebene Fahrzeuge am Straßenrand, anscheinend versucht jeder, mit dem letzten Tropfen Sprit über die Grenze zu kommen um dann im Iran billig vollzutanken.

Sprit alle - Nachtanken kurz vor der Grenze
Sprit alle – Nachtanken kurz vor der Grenze
Grenze zum Iran
Grenze zum Iran

Die Grenzüberquerung gestaltete sich überraschend einfach. Mein Visum wurde zwar genauestens untersucht und telefonische Rücksprache mit was weiß ich wem gehalten, aber ansonsten ging alles problemlos und schnell vonstatten. Ich hätte zumindest mit einer peniblen Taschenkontrolle gerechnet, aber außer einen kurzem Blick in meinen Rucksack interessierte sich niemand so recht dafür.

Und dann war ich drin im Iran. Über 3 Monate nach meiner Abreise fühlte es sich nun wirklich nach einer komplett anderen Welt an. Ich bin immer noch kein Stück geflogen, sondern einfach immer wieder ein kleines Stück weiter gefahren und nun war ich auf einmal im Iran.

Das Kopftuch-Spiel der schönen Iranerin

Im Sammeltaxi sprach mich plötzlich eine wunderschöne Iranerin an und fragte, wo ich herkäme. Das Kopftuch – es ist strafbar es nicht zu tragen – hing nur so halb auf ihrem Zopf, so dass es wohl gerade so nicht beanstandet würde. Als wir raus aus dem Grenzgebiet waren, setzte sie es komplett ab. Ich hatte in der Türkei schon viel über die Schönheit der Iranerinnen gehört, aber von diesem bezaubernden Wesen war ich nun wirklich richtig geflasht.

Plötzlich kamen wir in eine Polizeikontrolle, sie setzte hektisch das Kopftuch wieder auf, danach aber hinter der nächsten Kurve sofort wieder ab, es war wie ein Katz-und-Maus-Spiel. Wir unterhielten uns noch ein wenig, dann erreichten wir den Ort Kvoy, wo wir beide in verschiedene Busse umsteigen mussten.

Die iranische Schönheit mit ihrer Mutter und ihrem Bruder
Die iranische Schönheit mit ihrer Mutter und ihrem Bruder

Weiter nach Tabriz

Ich wollte weiter nach Tabriz und nun war ich wirklich froh Majid dabei zu haben, der erstmal in die gleiche Richtung musste. Am Busbahnhof war ich von undurchschaubarem arabischen Zeichenwirrwarr umgeben und niemand schien englisch zu sprechen. Ich hatte irgendwie verdrängt, dass ich nicht mal die Zahlen lesen konnte, so dass sowohl die Abfahrtszeiten, als auch die Preise große Rätsel für mich geblieben wären. 2 Stunden später erreichten wir Tabriz und ich verabschiedete mich von Majid, der weiter nach Teheran musste.

Majid - Mein hilfreicher Begleiter auf dem Weg nach Tabriz
Majid – Mein hilfreicher Begleiter auf dem Weg nach Tabriz

Inzwischen war es 22 Uhr, ich suchte nach einem günstigen Hotel in Tabriz und fand nach einer Weile eins, wo ich für 400.000 Rial (10 Euro) ein riesiges Zimmer mit Bad und Balkon bekam. An der Rezeption saß ein junger Typ, der super Englisch sprach und erstaunlich offen das politische System kritisierte. Er hätte die Schnauze voll von den Mullahs, vom Islam und vom Iran überhaupt und wollte nur noch weg. Er erzählte, dass er gerade dabei ist, Französisch zu lernen und danach mit Deutsch weiter machen wollte, um irgendwann einmal als Übersetzer in Europa zu arbeiten.

Facebook, YouTube und Twitter blockiert

Als ich mich ans WLAN hängte, waren Facebook, Twitter und YouTube blockiert. Aber es traf nicht nur die großen Plattformen, sondern selbst deutsche Nachrichtenseiten, die z.B. über Kobane berichteten, schafften es nicht durch den Filter. Ich konnte aber problemlos einen VPN installieren und damit die Sperren umgehen. Der Hosteltyp meinte, dass das hier alle so machen würden und die Filter damit ziemlich wirkungslos seien.

Der Ayatollah und der Präsident wachen über das Einkaufszentrum
Der Ayatollah und der Präsident wachen über das Einkaufszentrum
Antiker Bus
Antiker Bus

Heute streifte ich ein wenig durch Tabriz und wurde von den Iranern recht interessiert beäugt. Man fragte mich immer wieder, wo ich herkäme und ich musste so einige Hände schütteln. In der Touristeninformation von Tabriz traf ich auf zwei weitere Traveller: Daniel aus Deutschland und Ros aus der Ukraine. Nach 10 Tagen ohne nichteinheimische Kontakte musste ich mich erst mal wieder an Traveller-Gespräche gewöhnen. Wir gingen zusammen essen, unterwegs wurden wir von einer Gruppe Studenten angesprochen, die neugierig auf uns waren.

„Islamischer Abstand“ zur Freundin

Und wieder kamen sie sofort auf ihre Situation im Iran zu sprechen. Sie hätten mit dem Islam nichts am Hut, aber dürften weder Alkohol trinken, noch ihrer Freundin öffentlich zu nahe kommen. Wenn sie als Paar zusammen durch Tabriz laufen würden, müssten sie einen „islamischen Abstand“ einhalten, um nicht die Sittenwächter auf den Plan zu rufen.

Mein bisheriger Eindruck vom Iran ist, dass unter jungen Leuten hier ein unbändiger Freiheitswille herrscht und unter der Oberfläche ganz schön was am Brodeln ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich diese Energie noch lange unter dem Deckel halten lassen wird. Ich musste auf einmal an Honecker denken, der kurz vor dem Mauerfall den 40. Jahrestag der DDR feierte und nicht sehen sehen wollte, dass auf den Straßen zur gleichen Zeit die Massen rebellierten.

3 thoughts on “Tabriz – Erste Schritte im Iran”

  1. Hallo Felix,
    ich freue mich, dass es dir im Iran gut geht. Kannst du mir deine Hotel – Adresse zu mailen, damit meine Verwandten mit dir Kontakt aufnehmen. Sie versuchen es durch mail dich zu finden.
    Meine Nichte und Neffe heißen Azar und Arash und wohnen in Teheran.

    schöne Grüße aus Berlin
    Ingrid und Manu

  2. Hallo Manu und Ingrid,

    schön von euch zu hören!

    Vielen Dank für den Kontakt, ich bin im Moment nicht mehr in Teheran, erst in zwei Wochen wieder. Habe Arash gemailt und würde mich freuen, wenn es klappen würde, dass wir uns treffen.

    Viele Grüße,
    Felix

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