Trek zum Machu Picchu – Tag 5



 

Die Nacht im Bett hatte ich mir himmlisch vorgestellt: Vier Stunden Schlaf auf einer weichen Matratze nach drei Nächten steinharter Iso-Matte. Doch seltsamerweise drehte ich mich hin, drehte mich her und konnte und konnte nicht einschlafen. Was war los? Die letzten beiden Nächte im Zelt schlief ich wunderbar. Konnte ich einfach nicht mehr in einem Bett schlafen? Nach ’ner Stunde riss ich die Matratze kurzerhand aus dem Bett, legte mich mit ihr auf den Boden und siehe da, nach fünf Minuten schlief ich ein.

Heute Morgen um 4 Uhr klingelte der Wecker, Paul’s erste Frage war: „Felix, bist du aus’m Bett gefallen?“ :) Nach ’nem Frühstück machten wir uns um 5 Uhr auf den Weg zum Machu Picchu. Die 500 Höhenmeter kann man entweder mit dem Bus überwinden, aber nur, wenn man ein Weichei ist. Wir ließen uns den Spaß nicht nehmen, die originale Inka-Treppe hinaufzusteigen, fast 3000 Stufen lang.

3000 Stufen zum Machu Picchu im MorgengrauenSonnenaufgangDer Machu Picchu schält sich aus dem NebelTerassen zur LandwirtschaftMachu Picchu vom Wayna Picchu ausBesucherDie ganze PrachtHäuschen

Wie anstrengend das wird, hätte ich mir aber nicht träumen lassen. Die Stufen sind uneben und verschieden groß, nach den ersten 300 konnte ich schon kaum mehr weiter. Nach ’ner kurzen Pause ging’s aber wieder, schließlich gewöhnte ich mich daran und schwitzte und schnaufte mich Richtung Machu Picchu. Wir wollten unbedingt bei Sonnenaufgang oben sein und hatten deshalb nicht viel Zeit zu verlieren. Nach einer endlosen Stunde Aufstieg sahen wir endlich die Mauern des Machu Picchu, ein unglaubliches Gefühl. Nun mussten wir nur noch auf Claire warten, die zehn Minuten später aber auch schweißgebadet eintraf.

Es wurde schon gefährlich hell und wir machten uns Sorgen, das Eintrittsprozedere rechtzeitig zum Sonnenaufgang hinter uns zu bringen. Tourimassen schoben sich Richtung Eingang, die meisten waren faule Bus-Anreiser. Schließlich ließen wir den Eingang hinter uns, spurteten noch einige Stufen hoch und waren perfekt getimed am besten Platz, um zu sehen, wie sich die Sonne hinter dem Berg empor schob.

Wir bekamen einen Führer für den Machu Picchu und verabschiedeten uns von Jose Luis, unserem Trekking-Führer der letzten Tage. Wir wurden zwei Stunden rumgeführt und erfuhren ’ne ganze Menge über den Ort. Machu Picchu wurde ca. 1450 von den Inkas gebaut als heilige Stadt zur Religionsausübung und Astronomieforschung. Die Spanier fanden die Stadt nicht, da sie zwischen den Bergen vesteckt liegt, so entging sie der Zerstörungswut. 1911 entdeckte der US-Amerikaner Hiram Binghams durch Zufall Machu Picchu.

Es liegt schon eine gewisse Erhabenheit über dem Ort, viele Gebäude sind hervorragend erhalten. Technisch ausgefeilt wurden die Mauern erdbebensicher gebaut. Viele Details sind perfekt nach astronomischen Gesetzmäßigkeiten ausgerichtet. In heilgen Gebäuden sind natürliche Felsformationen beeindruckend in künstliche Mauern eingearbeitet. In Machu Picchu lebten ca. 1000-3000 Menschen, die sich durch Ackerbau auf den Terassenebenen selbst versorgten. Zu 100% sicher ist sich die Wissenschaft aber bis heute nicht, was genau in Machu Picchu geschah, so bleibt eine ganze Portion Mysterie über dem Ort.

Machu Picchu heißt übersetzt „alter Berg“. Den besten Ausblick darauf hat man allerdings von benachbarten Wayna Picchu („junger Berg“). Auf diesen führten weitere ca. 1500 Stufen 300 Höhenmeter hinauf. Was sind schon 1500 Stufen mehr, das ließen wir uns natürlich nicht nehmen. Der Aufstieg war allerdings um einiges steiler und holpriger als der erste, wir kamen nach einer Stunde oben an, ich war am Ende meiner Kräfte.

Der Gipfel war nicht so ganz ohne, links und rechts von einem schmalen Fels ließen Steile Abgründe das Adrenalin durch den Körper schießen. Pascal aus unserer Truppe machte Bekanntschaft damit, zum Glück nicht persönlich, aber seine Kamera fiel 30 Meter in die Tiefe. Er suchte mit ein paar Jungs danach, um wenigstens die Memory-Card mit den Fotos zu retten. War nicht ganz einfach, denn im Gebüsch lauern Schlangen. Schließlich tauchte das zerbeulte Stück aber auf, die Bilder waren gerettet.

Nach dem Abstieg vom Wayna Picchu, der nicht weniger anstrengend als der Aufstieg war, machten wir eine kleine Mittagspause, ich sank erschöpft in meinem Stuhl zusammen und döste ’ne Stunde weg. Plötzlich kamen Paul und Michael, ein Amerikaner unserer Truppe, auf die wahnwitzige Idee, doch noch den Ausblick von der anderen Seite aus zu genießen, das hieß weitere 300 Höhenmeter zum sogenannten Sonnentor hochzuklettern. Ok ok, ich ließ mich breit schlagen und schwitzte und schnaufte eine weitere Stunde. War aber wirklich ’ne gute Position um noch ein paar Fotos zu schießen.

Danach streunten wir noch ’ne Stunde durch den Machu Picchu und machten uns schließlich an den Abstieg, 3000 Stufen runter vom Berg. Am Ende konnte ich echt spüren, was ich meinen Knien an diesem Tag zugemutet hatte, die Beine fingen an zu zittern, aber ich war froh, alles zu Fuß gemeistert zu haben. Nun hatten wir uns aber wirklich ’ne ordentliche Zivilisationkost verdient und ließen uns in ’ner Pizzeria nieder… himmlisch nach Tagen Reis und grauer Suppe!

Zurück nach Cuzco sollte es ’ne Stunde später mit dem Zug gehn. Plötzlich stellte ich entsetzt fest, dass ich mein Zugticket versehentlich weggeschmissen hatte. Fixer Sprint zum Bahnhof und noch größeres Entsetzen: Der Zug ist voll, neue Tickets gibt’s nicht mehr, ich sollte eine Nacht warten. In Touri-Town gefangen zu sein war das letzte, was ich wollte. Nach dem Sichten endloser Passagierlisten fand ich meinen Namen endlich, 20 Dollar später war man bereit, mir ein neues Ticket zu drucken.

Nach drei Stunden kamen wir in Cuzco an. Etwas übermütig hatten wir zuvor ausgemacht, alle in ’ne Bar zu ziehen, inzwischen waren aber alle so fertig, dass wir nur noch ins Bett wollten. Wir treffen uns morgen, heute passiert nicht mehr viel, ich werd mich gleich ins Hotel verabschieden und lange, lange schlafen. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich immer noch die unglaublichen Landschaften der letzten fünf Tage vor mir, werd bestimmt davon träumen. :)

Trek zum Machu Picchu – Tag 4



 

Heute Morgen ging’s los zum letzten Stück Strecke auf dem Weg zum Machu Picchu. Schwierig war diesmal nicht das Gelände, denn das war fast komplett eben, sondern die brüllende Hitze: Mit bestimmt mehr als 30 Grad brannte uns die Sonne entgegen.

TalSeilbahn über reißendem Fluss……und deren BefestigungRast auf Schienen

Unterwegs mussten wir einen reißenden Fluss mit ’ner „Seilbahn“ überqueren. Diese bestand aus ’ner notdürftig zusammengekloppten Gondel, die in 10 Metern Höhe an ’nem Stahlsein über dem Strom hing. Zwei oder drei Passagiere wurden mit Schwung über den Fluss geschoben, zurückgezogen wurde das Gerät mit ’nem langen Seil. Mir wurde schon ein wenig anders, als ich die Konstuktion sah. Der Fluss war felsig und rauh genug, um keine Zweifel aufkommen zu lassen, dass ein Missgeschickt tödlich wäre. Die Info, dass vor zwei Jahren das Seil gerissen ist und zwei Engländer dabei starben, half mir auch nicht gerade weiter.

Egal, Augen zu und durch. Ich saß mit James in der Gondel, wir wurden angeschoben… ab dafür! Die Fluten wüteten unter uns, es kribbelte im Bauch, das andere Ufer kam näher und… der Schwung reichte nicht, wir blieben über dem Abgrund hängen! Es war nicht mehr weit, aber ein wenig Panik machte sich doch breit. Ich griff das Stahlseil, an dem wir hingen und zog uns Zentimeter um Zentimeter auf unser Ziel zu, das wir schließlich auch erreichten. Als wir nun die Technik sahen, mit der das Stahlseil gehalten wurde, waren wir froh, vorher nichts darüber gewusst zu haben: Da waren einfach drei Stahlpfeiler kreuz und quer in den Boden geschlagen und das Seil notdürftig drumgewickelt und festgebunden.

Danach ging’s weiter am Ufer entlang, wir sahen Kaffee-, Bananen- und Avocadobäume. Nach vier Stunden in sengender Hitze erreichten wir unseren Mittagsplatz. Es gab wie immer graue Suppe und Reis, diesmal mit Fisch. Wir konnten das Essen langsam nicht mehr sehen, es wurde außerdem von Tag zu Tag schlechter.

Danach liefen wir drei Stunden an der Bahnstecke entlang nach Agua Caliente, einem kleinen Örtchen am Fuße des Machu Picchu. Es war unglaublich anstrengend, auf den schmalen Stegen zu laufen, weil man nie den ganzen Fuß aufsetzen konnte. War nicht gerade die beste Strecke zum Finale. In Agua Caliente anzukommen war dann ein kleiner Kulturschock, der Ort ist voll von Touris, die üblicherweise von Cuzco aus mit dem Zug einfahren, sich dann in ’nem schicken Hotel niederlassen und mit dem Bus zum Machu Picchu hochfahren. Wir kamen dagegen aus der Wildnis von 5 Tagen Fußmarsch. Allerdings muss ich zugeben, dass ich auch ein wenig froh war und bereit, ein bisschen Zivilisation zu erleben.

Unsere letzte Nacht verbringen wir dann auch in ’nem Hostel in Agua Caliente. Ein Bett, ein Klo und eine Dusche, das ist schon irgendwie ’ne himmlische Erfahrung nach den letzten Tagen. Abendessen gab’s in ’ner Pizzeria. Uns lief das Wasser im Mund zusammen, Pizza war eine reizvolle Vorstellung für uns nach der kargen Kost der letzten Tage. Aber die Enttäuschung folgte prompt: Wir wurden in der Pizzeria von unserem Trekking-Koch bekocht… mit grauer Suppe und Reis. Bäh, aber ok, es sollte der letzte Tag sein.

Nach ’ner Runde Shithead für alle geht’s nun gegen 12 Uhr ins Bett. Die Nacht wird nicht lange dauern, denn um 4 Uhr müssen wir aufstehn, um rechtzeitig zum Sonnenaufgang am Machu Picchu zu sein.