Feudale Futterei



 

Gestern hab ich lange meinen Rausch ausgeschlafen und mich irgendwann nachmittags aus dem Bett geschält, bisschen dies und das erledigt und mich bald auf die Nahrungssuche begeben. Im Reiseführer hatte ich von einem Grill-Laden namens Paulista gelesen und machte mich auf den Weg dorthin, um größere Mengen Fleisch zu verspeisen. Der Weg war viel weiter als gedacht und so latschte ich ’ne Stunde lang quer durch die Stadt, war aber ganz interessant, um bisschen was zu sehen.

Um halb 6 kam ich dort an und musste feststellen, dass erst ab 19 Uhr geöffnet ist. Ich suchte mir ein Kino um die Ecke und zog mir den neues Indiana Jones rein. War nicht so der Brüller, aber wenigstens hatte ich die Zeit rumgekriegt.

Feudales Buffet

Inzwischen war ich hungrig wie ein Bär und passenderweise gab’s im Paulista Flatrate-Futtern. Man zahlt einmal 50000 Guaranis (8 Euro) und kann sich dann alles vom riesigen Büffet reinfahren, was man will. Es war paradiesisch, von Sushi bis zu ausgefallenen Salatkreationen gab’s alles, was man sich so vorstellen konnte.

Das Beste aber war die Fleischregelung. Auf dem Tisch hatte man ’nen kleinen Anzeiger, den man auf rot oder grün drehen konnte. Wenn er auf grün stand, kam ständig jemand mit Fleisch vom Grill vorbei und stapelte Nachschub auf den Teller, von Steak bis Hähnchenherzen war alles dabei.

Ich fuhr mir 4 volle Teller rein und mästete mich, bis ich mich nicht mehr bewegen konnte. Herrliche Erfindung, dieses Paulista, aber irgendwie wurde dort auch der Gegensatz von arm und reich in Paraguay überdeutlich: Während ich Rekorde im Fleischverzehr aufstellte standen draußen an der Kreuzung mitten in der Nacht 5jährige Kinder, die die Scheiben der wartenden Autos putzten, um ein paar Guaranis zu verdienen.

Ich lernte ’nen 54jährigen Amerikaner vom Nachbartisch kennen, der sichtlich beeindruckt von meiner Verzehr-Performance war. Ich schwatzte ’ne Runde mit ihm, er spendierte mir freundlicherweise ein Bierchen und ein Schnäpperchen, dann kam noch sein paraguayanischer Kumpel dazu. Der konnte sogar deutsch, weil er ’nen deutschen Großvater hatte. Er hat mich später mit seinem Pick-up zu meinem Hotel gebracht, ich saß auf der Ladefläche und wir düsten bei 27 Grad durch die Nacht von Asuncion. Wunderbares Gefühl und die Bullen, die hier an jeder Ecke stehen, scheren sich einen Dreck darum. Im straff regulierten Deutschland hätte man nach spätenstens 100 Metern Stress bekommen.