Weihnachten in Bethlehem



 

Heute ist Weihnachten. Wir machten uns am Vormittag auf den Weg von Jerusalem nach Bethlehem, das gleich um die Ecke liegt. Eigentlich geht es fast direkt ineinander über. Die Mauer passierten wir auch ohne Kontrolle, also waren wir nach einer halben Stunde da.

Ich hatte in Jerusalem an allen Ecken gehört, dass heute Touristenhorden in Bethlehem einfallen würden. Ich erwartete Schlimmstes und war dann doch recht überrascht, dass es ganz gechillt war, als wir hier ankamen. Unser Guesthouse liegt aber auch etwas abseits des Zentrums.

Die Familie, die die Unterkunft betreibt, ist supernett, es fühlt sich fast wie eine WG an. Ich bin allerdings auf die Nacht gespannt, denn hier drin ist es tagsüber schon eisfachartig kalt und es gibt keine Heizung. Ich habe auch keinen Schlafsack dabei, also müssen die drei Decken, die bereit liegen, einfach reichen.

Nachdem wir unsere Sachen ins Zimmer geworfen hatten, kletterten wir den Berg zum Zentrum hoch. Dort stieg gerade die Weihnachtsparade, die allerdings gar nicht so weihnachtlich, sondern eher palästinensich-kämpferisch daherkam. Trommelnde Gruppen in Uniformen wechselten sich ab mit Dudelsackspielern, die Jingle-Bells trällerten.

Um Mitternacht findet in der Geburtskirche, dem Ort, wo Jesus angeblich zur Welt kam, eine Messe statt, für die man sich allerdings monatelang vorher anmelden muss. Ich war recht überrascht, dass nachmittags noch nicht so viel Andrang war, so dass wir nach etwas Schlangestehen tatsächlich den Ort im Keller der Kirche besuchen konnten. Ein Loch im Boden ist von Laternen umgeben, ich sah, dass die anderen Pilger entweder den Kopf in das Loch legten, oder es einfach mit der Hand berührten. Als Hobbypilger beließ ich es bei der Handberührung, womit meine Pilgerkarriere dann wohl auch ihr Ende findet. :)

Rings um die Kirche gibt es ziemlich viel Kitsch, Plastikweihnachtsmänner und jede Menge geschäftige Palästinenser. Wir liefen einfach ein wenig weiter und kamen schließlich an einem palästinensischen Markt an. Je weiter wir vordrangen, desto weniger Touristen sahen wir. Es wurde wirklich nett, man begrüßte uns von allen Seiten mit einem freundlichen „Hello“ und wir ließen uns weiter durch die Straßen treiben. Jerusalem war zwar interessant, aber die palästinensische Welt fühlt sich eine ganze Ecke fremder und abenteuerlicher an, was mich immer ganz gut flasht.

Als wir auf dem Rückweg wieder an der Geburtskirche ankamen, ging die Sonne gerade unter und der Muezzin donnerte das Abendgebet von seinem Türmchen runter. Ist auf jeden Fall ein ganz schöner Clash, der hier passiert. Während christliche Pilger Weihnachten in der Geburtskirche feiern, schallt ihnen das muslimische Abendgebet entgegen.

Am Abend sind wir zusammen mit zwei Amerikanern und einem Holländer aus unserem Guesthouse in den Nachbarort gefahren, dort findet für alle, die nicht in die Geburtskirche reinkommen, die Alternativmesse statt. Im Schichtbetrieb, stündlich von 15:00 bis 0:00 Uhr. Jeweils mehrfach parallel in verschiedenen Sprachen.

Diese Party steigt auf den sogenannten Hirtenfeldern, dem Ort, wo den Hirten laut Bibel ein Engel erschien und von der bevorstehenden Jesus-Geburt erzählte. Wir landeten in einer Art Höhle, wo gerade die indonesische Messe stattfand. Das war schon irgendwie cool, zu Weihnachten dort zu sein und mit einer Truppe von weither angereister Indonesier die Weihnachtmesse zu feiern.

Zum Schluss gaben sich alle die Hände und wünschten sich frohe Weihnachten. Als wir aus der Höhle rausgehen wollten nahm uns der indonesische Pastor noch beiseite und wollte ein Foto zusammen mit uns hinter seinem Pastor-Tresen haben. Ein paar andere Indonesier sahen das und fühlten sich inspiriert, nun auch fleißig Fotos zu machen, bis uns schließlich die indische Truppe hinauswarf, die für die nächste Schicht vorgesehen war und bereits vor der Tür stand.

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