Einzug bei Zafer in Istanbul

Schwuppdiwupp wohne ich nicht mehr im Hostel, sondern bei einem ziemlich verpeilten 40jährigen Kurden. Außerdem machte ich Bekanntschaft mit der einzigartigen Organisation im iranischen Konsulat.



 

Nachdem Stephanie vorgestern nach Berlin zurück geflogen war, beschloss ich, dem Hostel-Trubel mal für ein paar Tage zu entfliehen versuchte ein günstiges Zimmer in einer Privatwohnung zu finden. Da ich in Istanbul noch mein Visum für den Iran besorgen musste, war klar, dass ich noch ein Weilchen hier bleiben würde, ich sehnte mich mal nach ein wenig Privatsphäre. Auf airbnb fand ich schließlich Zafer, der ein kleines Zimmerchen nicht weit vom Hostel für 27 Lira (10 Euro) pro Nacht vermietete. Ich nahm es für drei Tage und zog gestern dort ein.

Zafer ist ein 40jähriger Kurde und ein ziemlich verpeilter Typ. Er ist Kunstlehrer, wohl auch ein wenig Lebenskünstler, total zerstreut aber echt sympathisch. Seine Wohnung liegt in einem der über 100 Jahre alten Häuser in Beyoglu, die früher eher von ärmeren Menschen bewohnt waren, nun aber nach und nach zu schicken Residenzen saniert und teuer vermietet oder verkauft werden. Beyoglu ist vielleicht ein wenig das Neukölln von Istanbul, früher schmuddelig und verrucht, inzwischen hip und teuer. Zafers Haus aber sah aus, wie es wohl schon seit Jahrzehnten aussah. In der Wohnung war alles ein wenig schief und krumm und hatte dadurch einen gewissen Charme. Mein Zimmer war nicht allzu groß, aber ich hatte eine Tür, die ich mal hinter mir zu machen konnte und aus dem Fenster einen wundervollen Ausblick über Istanbul.

Abends trank ich mit Zafer ein Bierchen zusammen auf der Dachterasse des Hauses, er erzählte ein wenig vom Leben in Istanbul. Er war ziemlich besorgt über die politische Entwicklung, die in den letzten Jahren zunehmend konservativ wurde und erzählte ein wenig von den Protesten, die letztes Jahr rund um den Taksim-Platz gleich um die Ecke hier stattfanden. Was ich ganz interessant fand, war, dass er als Kurde gegen die Gründung eines eigenen Kurden-Staates war und meinte, die Mehrheit der Kurden in er Türkei sähe das genauso, ganz im Gegensatz zu den kurdischen Minderheiten der angrenzenden Länder. Zafer liebt sein Leben in Istanbul und sieht für sich nichts Erstrebenswertes darin, in den Osten in einen dann entstehenden, unabhängigen Staat zu ziehen.

Gestern machte ich mich schließlich auf den Weg zum iranischen Konsulat, um mein Visum für den Iran zu beantragen. Ich hatte vor drei Monaten über eine Visumsagentur eine Referenznummer beim iranischen Außenministerium beantragt und nach Istanbul schicken lassen, das ist sozusagen die Genehmigung, ein Visum beantragen zu dürfen. Nachdem ich die Visumsagentur bezahlt hatte, hatte ich nie wieder etwas von ihr gehört, ich hatte so meine Zweifel, ob das alles geklappt hatte.

Als ich mit ausgefülltem Visums-Antrag am Schalter stand und mein Anliegen vortrug, fragte mich der hagere kleine Mitarbeiter, der mit seiner runden Brille auf der Nase irgendwie lustig aussah, wo denn meine Referenznummer sei. Ich antwortete, ich hätte sie hierher schicken lassen. Genervt holte er einen faustdicken Stapel Papier hervor und meinte, es sei sehr schwierig die Nummer darin zu finden. Es schien keinerlei Sortierung zu geben, deswegen schaute er Blatt für Blatt nach meinem Namen durch. Er stockte ein paarmal, schüttelte dann aber wieder den Kopf und blätterte weiter. Ich gab die Hoffnung schon fast auf, doch dann wurde er tatsächlich fündig. Ich sollte 50 Euro an der Kasse bezahlten und danach wieder zu ihm kommen. Das tat ich, nur war der lustige Geselle dann plötzlich wie vom Erdboden verschluckt und tauchte über eine halbe Stunde lang nicht mehr auf. Die Uhr bewegte sich bedrohlich in Richtung Schließzeit des Konsulats, doch kurz vor Feierabend erschien er wieder, drückte mir eine Quittung in die Hand und meinte, ich solle damit in zwei Tagen wieder kommen. Ich bin gespannt, ob das wohl klappt.

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