Psycho-Fragen beim Abflug



 

Wir haben uns endlich zum Boarding-Bereich durchgeschlagen. Aber das Prozedere am Tel Aviver Flughafen ist echt nichts für schwache Nerven.

Vor dem Check-in gibt’s einen Sicherheitscheck, der sich gewaschen hat. Nachdem wir ewig in einer langen Schlange standen, wurden wir von einer Security-Mitarbeiterin mit Psycho-Fragen durchlöchert. „In welchem Verhältnis steht ihr zueinander? Freund und Freundin, ja? Wohnt ihr denn zusammen? Wie weit voneinander entfernt? Wie oft seht ihr euch? Habt ihr bekannte in Israel? Woher kennt ihr diese?“

Nachdem dieser Befragung wird man in 4 Gruppen unterteilt. Einfach durchgehen, genauere Kontrolle, sehr genaue Kontrolle oder Spezialbehandlung. Wir haben die Spezialbehandlung bei zwei Mädchen gesehen. Ihre Rucksäcke wurden komplett auseinandergenommen, dabei wurden sie permanent weiter befragt, insgesamt bestimmt eine halbe Stunde lang. Wir schienen zum Glück nicht verdächtig und wurden durchgewunken.

Nach dem Check in gibt’s noch die normale Handgepäckkontrolle. Dabei werden wieder einzelne rausgezogen und mit Fragen gelöchert. Wir kamen zum Glück auch da problemlos durch und sind nun bereit für den Abflug. Aber was für eine Stress-Show hier!

Silvester ohne Feuerwerk



 

Hätte ich nicht ab und zu mal auf’s Datum geschaut, hätte ich echt nicht mitgekriegt, dass gestern Silvester war. Wir saßen so bis 23 Uhr in unserem Hostelhof rum, tranken ein paar Bierchen und schnackten bisschen Traveller-Schnack. Dann setzten wir uns in die Spur und landeten in irgendeinem leerstehenden Wohnhaus, von dem eine Etage zur Partyarea umfuntioniert worden war. Es gab einen Balkon und die Stimmung war ziemlich nett. Als es 12 war, wurde kurz von 10 auf 0 gezählt, dann ging die Mucke wieder los und alle feierten weiter, als wäre nichts geschehen. Kein einziger Böller, keine Rakete, normales Nachtleben auf der Straße, sonst nichts. Diese Unaufgeregtheit hatte aber auch irgendwie was. :)

Wir zogen mit unserem Hostel-Trupp noch weiter und landeten in irgendeinem Club. Ich war bisschen eifersüchtig, weil ich der Meinung war, dass Stephanie mit irgendwelchen Kerlen rumschäkern würde, bis sie mir klar machte, dass das ein Schwulen-Club war. :) Wir gaben uns ganz gut die Kante und landeten um 6 Uhr morgens im Bett.

Gegen 10 sind wir aufgewacht, immer noch ziemlich besoffen und völlig fertig. Wir schleppten uns zum Busbahnhof und versuchten einen Minibus nach Jerusalem zu bekommen. Das System ist nicht ganz einfach, denn die Busse haben nur ca. 15 Plätze, aber sind sofort von einer Traube von 50 Menschen umringt, die sich reindrängeln wollen. Nachdem wir beim ersten Versuch gnadenlos untergegangen sind, hatten wir das System beim zweiten Bus geschnallt. Ich krallte mir den Türöffner, während der Bus noch fuhr, Stephanie blockte die Meute mit ihrem Körper ab und ruck zuck saßen wir drin.

In Jerusalem hatten wir das billigste Hostel gebucht für 50 Schekel (10 Euro) pro Nacht pro Dorm-Bett. Vielleicht hätten wir etwas mehr bezahlen sollen, denn wir sind in einem ziemlichen Loch gelandet. Die Betten sind so schmal, dass man fast raus fällt und alles ist dreckig und stinkt. Was soll’s, für zwei Nächte werden wir das überleben.

Wir haben unsere verkaterten Körper eine Stunde lang durch die Altstadt geschleppt, zu mehr waren wir nicht mehr in der Lage. Trotzdem bin ich von der Stadt gut geflasht, sobald man die Stadtmauer zur Altstadt hinter sich gelassen hat, schreitet man durch 700 Jahre alte Gassen. Hier ist so viel Geschichte auf einem Fleck, dass es einem einfach nur die Kinnlade runter klappen lässt. Ich bin gespannt auf morgen, wenn wir mit etwas mehr Energie unterwegs sind.

Treffen mit Picasso, Van Gogh und Monet



 

Gestern Abend war es hier im Hostel richtig nett. Wir saßen im Hof und haben Bierchen gezischt und so nach und nach kamen alle aus ihren Löchern gekrochen. Hier gibt’s einen Russen, einen Polen, ein paar Amerikaner, Holländer und ziemlich viele Deutsche. Hab mich mit einem Amerikaner namens Zach über’s Westjordanland unterhalten und mir ein paar Tipps geben lassen, wo man echtes Palästinenserleben kennen lernen kann. Er empfahl mir, einen Stopp im Flüchtlingslager Jenin einzulegen, das klang richtig gut. Zach war ganz begeistert von der Gastfreundschaft der Palästinenser, seine Erzählungen haben mich ein wenig an unsere Erlebnisse in der Türkei erinnert.

Wir hatten überlegt, heute einen Tagesausflug nach Jerusalem zu machen. Sind dann aber wieder davon abgekommen, weil Sabbat ist und da nach jüdischem Glauben niemand arbeiten darf. In Tel Aviv sieht man das nicht so eng, aber in Jerusalem hat wirklich alles geschlossen, man bekommt nicht mal einen Happen zu Essen, geschweige denn eine Busfahrt irgendwohin. Eine Deutsche aus unserem Hostel hat erzählt, dass in Jerusalem zum Sabbat sogar die Fahrstühle automatisch in jeder Etage halten, weil das drücken der Knöpfe schon als Arbeit zählen würde. Nur Sex ist zum Sabbat erlaubt, denn dadurch kann neues Leben entstehen. :)

Wir blieben deshalb heute in Tel Aviv und besuchten das Museum of Art. Ich bin ja nicht sooo der Kunstexperte, aber Originalgemälde von Picasso, Van Gogh und Monet zu sehen hat mich dann trotzdem ordentlich beeindruckt. Aber schon das Gebäude an sich ist ein architektonisches Kunstwerk. Von außen sieht es aus, als würde es aus computergerenderte Polygonen bestehen. Drinnen ziehen sich geschwungene Linien aus Gussbeton durch die Räume und das Licht wird sehr elegant durch Scheiben in der Decke über mehrere Etagen hinweg gelenkt.

Ich muss mich immer mal wieder selbst daran erinnern, dass heute Silvester ist. Nach jüdischem Kalender ist heute nicht der 31. Dezember 2011, sondern der 5. Tewet 5772, also hier kein besonderer Tag. In Jerusalem wird gar nicht gefeiert, in der Partystadt Tel Aviv nutzt man die Gelegenheit dann aber doch, mal ein wenig auf die Kacke zu hauen. :) Allerdings gibt’s kein Feuerwerk, ist schon irgendwie komisch, sich vorzustellen, dass in Berlin gerade die halbe Stadt explodiert. Wahrscheinlich würde man hier auch nicht verstehen, warum man zum Spaß Explodieren spielen soll.

Mal sehen, wohin es uns heute Nacht verschlägt. Goa Party am Strand wäre total nett, mal schauen, ob es irgendwas in der Richtung gibt. Wir werden bestimmt mit den Leuten vom Hostel bisschen rumziehen und uns einfach bisschen treiben lassen.

Ein Tag in Tel Aviv und Jaffa



 

Nachdem wir gestern in Tel Aviv gelandet sind, fuhren wir mit dem Zug in die City und liefen vom Bahnhof aus eine halbe Stunde Richtung Hostel. Die Sonne schien und es waren so 18 Grad. Die Luft roch nach „weit weg“ und ich fühlte mich gleich total beschwingt.

Unser Hostel ist sehr nett, wir schlafen in einem 12er Dorm, der erst vor 2 Tagen eingerichtet wurde, worauf der Chef stolz wie Oskar ist. Er wird nicht müde zu wiederholen, was für ein geiles Hostel er hat, was sehr amüsant ist. Das Hostel ist zwar nicht schlecht, aber auch nichts besonderes. Er sieht das völlig anders und möchte das weltweit best-gevotete Hostel auf Hostelworld werden. :)

Wir waren gestern Abend vom ganzen Weihnachts- und Losflieg-Stress noch so fertig, dass wir gestern Abend nicht mehr viel gemacht haben. Noch schnell am Strand vorbei geschaut, im Künstlerviertel einen Fleischspieß mit Humus gegessen und dann ins Bett gefallen.

Heute sind wir nach Jaffa gelaufen, aus dieser alten Stadt ist durch den Zuzug jüdischer Einwanderer irgendwann Tel Aviv hervorgegangen. In die Altstadt von Jaffa habe ich mich gleich verliebt. Sie liegt auf einem Hügel und besteht aus süßen Häusern und schmalen Gassen. Ich habe in einer Galerie erfahren, dass dort nur Künstler leben und arbeiten dürfen. In den Erdgeschossen haben sie ihre Galerien und obendrüber wohnen sie.

Danach sind wir noch ein wenig durch Tel Aviv gelaufen. Die Stadt macht einen sehr entspannten Eindruck, ist mal laut, mal leise, mal von Hochhäusern und mal von kleinen Häuschen geprägt. Es gibt einige Strände, aber im Moment ist es doch ein wenig zu frisch um schwimmen zu gehen.