Rechtzeitig zurück in Istanbul



 

Heute Morgen haben wir’s tatsächlich geschafft, um 6 Uhr aufzustehen, uns das erste Dolmus zu schnappen und wie am Schnürchen die Anschlüsse nach Izmir zu erwischen. Das war schon mal die erste Hürde auf der Mission „Flug kriegen“.

Das Ticket nach Istanbul hatte nur 35 Lira (17,50 Euro) pro Nase gekostet, ich hab da eigentlich ’ne richtige Klapperkiste als Bus erwartet. Umso erstaunter war ich, als wir uns plötzlich in einem richtigen Reisebus mit Klimaanlage wieder fanden.

Der weit schwierigere Teil unserer Mission schien die Fahrt vom westlich von Istanbul gelegenen Busbahnhof zum östlich gelegenen Flughafen innerhalb knapper Zeit zu sein. Doch am Ende stellte sich alles als unkompliziert heraus: Wir konnten schon ein Stück vorher aussteigen und hatten nun noch jede Menge Zeit, zum Flughafen zu kommen. Das gab uns Gelegenheit, nochmal einen Iskender Kebab zu probieren. Davon hatte ich schon die ganze Reise über geträumt, aber noch keine Gelegenheit gehabt. War dann auch richtig lecker. Man bekommt einen Teller mit in Fett gebratenen Brotstücken, darauf einen Berg Dönerfleisch mit brauener Soße und dazu viel sauere Sahne zum reinrühren. Voll die Fettbombe, aber genial.

Jetzt sind wir endlich am Flughafen und gleich geht unser Flug nach Berlin zurück. Mir graut’s schon vor dem Wetter. Hier waren’s durchweg ungefähr 30 Grad, in Berlin sind’s bestimmt unter 10. Alles in allem war das so eine geile Reise, unglaublich. Bis auf den einen Zickabend war’s mit Stephanie auch echt harmonisch, irgendwie hatten wir so ziemlich das gleiche Reisetempo und ähnliche Interessen. Wir lieben gechillte Orte, ab und zu mal ’ne Stadt dazwischen und hassen Pauschal-Touris. Mit ihr könnte ich mir sowas auf jeden Fall auch mal für länger vorstellen.

Die Odyssee nach Sigacik



 

Heute haben wir uns mal so richtig früh um 8 Uhr aus dem Bett gequält, um rechtzeitig auf der Piste Richtung Sigacik zu sein. Im Lonely Planet stand, dass wir mit dem Bus in eine Stadt namens Seferihisar fahren sollten und von dort aus ein Dolmus (Sammeltaxi) nach Sigacik nehmen. Als wir mit unseren Rucksäcken an der Hauptstraße standen, wurde uns plötzlich bewusst, dass der Bus nach Seferihisar nicht vom Haupt-Busbahnhof, sondern einem kleineren im Süden der Stadt abfuhr.

Schlimmer noch: Da wir übermorgen Abend um 21 Uhr am Flughafen von Istanbul sein müssen, mussten wir uns heute noch nach Busverbindungen erkundigen und ein Ticket kaufen. Das wiederum gab’s nur am Haupt-Busbahnhof im Norden von Izmir. Nach einer endlosen Fahrt waren wir dort und fragten nach Verbindungen nach Istanbul. In unserer Verpeiltheit kaufen wir ein Ticket für einen Bus, der um 11 Uhr morgens in Izmir startet und um 20 Uhr in Istanbul ist. Das ist an sich schon ziemlich knapp, weil der Flughafen nochmal 50 Kilometer östlich liegt. Zu allem Überfluss wurde uns auf einmal bewusst, dass wir an einem Busbahnhof weit westlich von Istanbul ankommen würden. Keine Ahnung, ob das alles klappt, wird auf jeden Fall supersportlich, den Flug überhaupt zu schaffen.

Wie auch immer, wir versuchten nun uns zum kleineren Busbahnhof südlich von Izmir durchzuschlagen. Scheinbar gab es aber keine Direktverbindung, ein Typ, den wir fragten, faselte irgendwas von umsteigen. Nach ewiger Warterei setzte er uns in einen Bus. Als wir ankamen gab’s eine nette Überraschung: Es war doch eine Direktverbindung und wir standen nun schon mitten auf dem Busbahnhof. Da wir das aber nicht wussten fragten wir jemanden, wie man dort hinkommen würde. Wir müssen wohl einen echt verpeilten Eindruck gemacht haben, den er schüttelte nur den Kopf und schaute uns an, als ob wir Aliens wären.

Wie auch immer, wir saßen nun im Minibus nach Seferihisar und nach einer Stunde im Dolmus nach Sigacik. Dort angekommen machten wir uns auf die Suche nach einer Bleibe. Nach einer Weile fanden wir das perfekte Zimmer für uns: 50 Lira (25 Euro) für zwei, direkt am Wasser mit Meerblick und einem Balkon. Das Paradies! Und alles ist richtig schön chillig und ruhig hier, perfekt nach dem stressigen Izmir.

Wir schnappten unsere Badesachen und fuhren ins benachbarte Städtchen Akkum. Dort gibt’s einen schönen Sandstrand, wo wir uns für ein paar Stündchen hinchillten und im Meer planschten. Das habe ich nochmal gebraucht, das letzte Mal Sommer, bevor’s übermorgen wieder ins kalte Berlin geht.

In Akkum liegt direkt neben dem Strand ein recht großes Hotel für Pauschal-Touris. Nur zum Spaß sind wir mal durch die Anlage geschlendert. Was wir sahen, war unglaublich: Die dummen Touris haben direkt das Meer vor der Nase, doch was machen sie? Sie liegen lieber am Pool hinter ’ner Hecke und lassen sich vom DJ mit schlechter Mucke beschallen. Mann, Mann, Mann, wie bescheuert kann man sein? Am Pool rannte ein junger, gut gebauter Animateur herum, zerrte die alten, dicken Trullas hoch und jagte sie in den Pool. Das finden die hinterher bestimmt so richtig abenteuerlich. :)

Abends fuhren wir wieder zurück nach Sigacik und führte die Stephanie zum Fisch essen aus. In ’nem Fischerort sollte man das unbedingt mal tun, finde ich. Zuerst wollte uns ein Touri-Schlepper reinlocken und erzählte was von 15 Lira (7,50 Euro) pro Fisch. Zum Glück sind wir ohne ihn gegangen, denn in Wirklichkeit hat’s nur die Hälfte gekostet. :)

Danach haben wir uns noch ein Wasserpfeifchen in ’ner Tee-Bar gegeben, jetzt werden wir uns gleich auf unseren Balkon chillen und dann ratzen gehn.

Angekommen in Izmir



 

Heute Morgen sind wir in aller Herrgottsfrühe aufgestanden, um die erste Fähre aufs Festland um 9 Uhr zu bekommen. Zum Glück gab’s direkt einen Anschlussbus nach Canakkale und von dort aus einen weiteren nach Izmir. Mit dem waren wir 6 Stunden unterwegs, unterwegs suchten wir uns aus dem Lonely Planet ein günstiges Hotel namens „Hikmet“ raus.

Lustige Geschichte zwischendurch: Stephanie wollte im Bus den Vorhang vor’s Fenster ziehen, weil die Sonne blendete. Doch der bewegte sich kein Stück. Ich schaute mir die Konstruktion näher an und sah, dass dieser Vorhang nicht für unseren Platz gedacht war, er ließ sich nur zur anderen Seite hin schließen. Doch Stephanie behauptete felsenfest, dass er vorhin noch vor unserem Fenster hing. Ich zeigte ihr die Blockierung, die in der Führungsschiene angebracht war um sie zu überzeugen, dass das nicht möglich war. Doch sie wollte gar nicht hinschauen und beharrte weiter auf ihrer Meinung. Immer fester riss sie am Vorhang und ich fragte mich, ob der Steward irgendwann mal einschreiten würde. Die Diskussion endete fast in einem Beziehungsstreit, als Stephanie plötzlich des Rätsels Lösung erkannte: Der vor uns sitzende Typ hatte unseren Vorhang zu sich gezogen, dieser hing vorher noch bei uns und verschloss daher unser Fenster. :) Der Frieden war nun wieder hergestellt und wir fuhren erleichtert in Izmir ein.

Der Busbahnhof dort ist riesig, wir standen etwas verloren herum und wussten nur so ungefähr, in welche Ecke der Stadt wir mussten. Wir fragten den Fahrer eines Stadtbusses nach der Richtung. Der fackelte nicht groß herum, schnappte unsere Rucksäcke und schob uns in den Bus. Lustigerweise jagte er einen Mann von seinem Sitzplatz hoch, um uns dort zu platzieren. :)

Izmir ist echt ’ne große Stadt, wir fuhren ewig lang durch Häuserschluchten. Plötzlich field mir auf, dass mein kleiner Rucksack fehlte. Ich fragte Stephanie, ob sie ihn gesehn hatte, aber hatte sie nicht. Mir entglitten die Gesichtszüge, denn da war mein Reisepass drin! Stephanie sagte, ich solle nochmal vorne im Bus schauen. Wie in Trance stand ich auf, vor meinem geistigen Auge sah ich uns schon zurück nach Istanbul fahren um bei der deutschen Botschaft einen neuen Pass zu organisieren. Ich war mir sicher, den Rucksack am Busbahnhof stehen gelassen zu haben. Doch das Wunder geschah: Der Rucksack lag vorne auf einem Sitzplatz, auf dem wir nach dem Einsteigen kurz gesessen hatten, was ich in der Hektik aber völlig verpeilt hatte. Mir fiel sowas von ein Stein vom Herzen, selten zuvor hatte ich einen solchen Glücksmoment. Die türkischen Mitfahrenden hatten das alles gesehen und schauten mich erleichtert an. Das ist echtes Mitgefühl. :)

Eine Weile später hielt der Bus und der Fahrer meinte, wir wären an unserem Ziel. Doch wir hatten keine Ahnung, in welche Richtung wir laufen mussten. Nachdem uns ein paar Türken aufgrund mangelnder Englischkenntnisse nicht viel weiter brachten, quatschte uns ein jüngerer Kerl an und fragte, ob er helfe könne. Wir zeigten ihm im Lonely Planet, wo wir hin wollten, er meinte, wir sollten einfach mit ihm laufen, er könne uns den Weg zeigen.

Der Typ war echt nett, es stellte sich heraus, dass er uns schon von weitem gesehen und extra die Straßenseite gewechselt hatte, um uns zu helfen. Er lief tatsächlich einen Kilometer mit uns mit, um uns den Weg zu zeigen. Unterwegs bot er sogar noch an, bei ihm zu übernachten, aber das war mir dann doch etwas zu suspekt, wir bedankten und verabschiedeten uns.

Das Hikmet Hotel sollte in der Straße „Sokak 26“ liegen. Dort angekommen sahen wir aber nur ein Abrisshaus. Scheiße, gab es das Hotel vielleicht nicht mehr? Wir fragten einen Türken, ob er das Hotel kenne. Er gab uns zu verstehen, dass wir mit ihm mitkommen sollten und führte uns in ein Cafe. Dort fragte er einige Freunde, ob sie den Weg wüssten. Sofort sprangen alle auf und versuchten uns zu helfen. Einer von ihnen konnte deutsch und hatte – natürlich – mal für eine Weile in Deutschland gelebt. Plötzlich wurde wir von 5 Männern eskortiert, damit wir den Weg auf jeden Fall finden würden. Drei Straßen weiter entdeckten wir schließlich das Hotel, man bot uns noch an, bei der Übersetzung zu helfen. Das wollten wir aber schon alleine hinbekommen, also bedankten und verabschiedeten wir uns.

Das Zimmer war nichts besonderes, aber für 50 Lira (25 Euro) zu zweit war es ok. Wir fragten an der Rezeption, ob es in der Nähe eine Wäscherei geben würde, denn inzwischen hatten wir kaum mehr eine saubere Unterhose. Mittlerweile war ich kein bisschen überrascht mehr, dass uns jemand sofort zu Fuß zur Wäscherei führte. :) Unterwegs wunderte ich mich, dass scheinbar jede Straße „Sokak“ hieß. Dann wurde mir plötzlch klar, warum wir das Hotel nicht gefunden hatten: „Sokak“ heißt Straße und die Straßen sind durchnummeriert. Hikmet befand sich in der „945 Sokak“, der davorstehenden Nummer hatte ich vorher keinerlei Beachtung geschenkt. :)

Das Viertel, in dem wir wohnen, scheint ziemlich urig zu sein. Ist wohl etwas ärmer, dafür versprüht es wunderschönes türkisches Flair. Ältere Männer sitzen in Cafes, am Straßenrand werden Früchte, Nüsse und Döner verkauft. Gleich machen wir uns auf den Weg zum Wasser, mal sehen, ob wir den Sonnenuntergang noch schaffen.

Die Odyssee zur Insel



 

Das war mal ’ne Nacht. Bequemes Doppelbett und ein eigenes Bad mit Dusche, herrlich! Und nach dem Aufstehen gab’s ein Frühstücksbüffet mit Panoramablick über Tekirdag. Viel länger wollten wir uns aber auch nicht in diesem Örtchen aufhalten, denn unser Ziel war nach wie vor Bozcaada, die kleine Insel im Mittelmeer. Wir wussten, dass vom Örtchen Geyikli aus in der Nähe von Canakkale eine Fähre zur Insel fährt, also brauchten wir einen Bus dorthin.

An der Hotelrezeption sagte man uns, dass wir uns einfach an die Straße stellen könnten und einen Minibus anhalten. Ansonsten gab es in der Nähe auch noch ein Büro vom Busunternehmen „Truva“, das dorthin fuhr. Uns erschien das bisschen sicherer, also schwangen wir uns zum Büro und fragten nach einem Ticket. Der nächste Bus fuhr in ein paar Minuten, doch leider war schon alles ausgebucht. Kein Problem, dann stellen wir uns halt an die Straße dachten wir. Dort kamen wirklich im Minutentakt Minibusse zu allen möglichen Orten vorbei, aber leider keiner nach Canakkale. Egal, das ist Travelling, dachte ich und kam mir so einigermaßen abenteuerlich dabei vor. Doch als nach ’ner halben Stunde immer noch weit und breit nichts von Canakkale-Bussen zu sehen war, wurde ich langsam unruhig. Inzwischen war es nach 12 und ich hatte gelesen, dass die letzte Fähre nach Bozcaada um 19 Uhr fahren würde.

Außer Truva gab es noch das Busunternehmen „Metro“, wir beschlossen, dort mal nach einem Bus zu fragen. Doch nach einigen Schritten wurde uns klar, dass unser Timing bisschen daneben war, denn der Metro Canakkale-Bus fuhr genau in diesem Augenblick an uns vorbei. Auch wilde Winkzeichen brachten ihn nicht zum stehen. Ok, dann nochmal bei Truva nach dem nächsten Bus fragen. Die Ernüchterung folgte prompt: Vor 16 Uhr sei nichts mehr frei, erfuhren wir.

So ein Scheiß, unsere Stimmung sackte zusehends ab. Zu allem Überfluss kam nun noch der nächste Canakkale-Bus von Truva, von dem wir ja wussten, dass er ausgebucht war. Stephanie meinte, wir sollten doch mal fragen, ob nicht doch noch zwei Plätzchen frei wären. Was sollte das bringen, fragte ich mich. Aber um die Frau zufrieden zu stellen, fragte ich einfach nochmal. Die beiden Stewards warfen sich ein paar türkische Sätze um die Ohren, dann schnappten sie plötzlich unsere Rucksäcke und warfen sie ins Gepäckfach. Wie? Das war doch zu schön um wahr zu sein! Wirklich noch was frei?

Plötzlich gestikulierte der Busfahrer wild umher und erhob offensichtlich energischen Einspruch. Unser Glück schien wieder auf der Kippe zu stehen, doch nach einigen unverständlichen Satzfetzen schob uns der Steward in den Bus hinein. Jetzt wurde mir die ganze Situation auch etwas klarer: Für mich wurde ein Kissen vorne in den Gang gelegt, auf dem ich sitzen sollte, Stephanie bekam den Platz vorne rechts neben dem Fahrer, auf dem normalerweise ein Reiseleiter sitzt. Die kuschlig nahe Gesellschaft war anscheinend das, was dem Fahrer missfiel. Doch er hatte sich wieder beruhigt, wir saßen und er fuhr los. Wir hatten auf jeden Fall den Logenplatz mit perfekter Aussicht! Die Fahrt dauerte so 4 Stunden und die Landschaft war herrlich. Berge, Natur, kleine Dörfer und immer mal wieder ein Stück Meer.

In Canakkale angekommen mussten wir so schnell wie möglich einen Minibus nach Geyikli bekommen, um rechtzeitig an der Fähre zu sein. Den fanden wir zum Glück auch gleich, nach einer Dreiviertelstunde waren wir bereit für die Überfahrt. Alles in allem war’s nun doch ganz chillig und wir hatten noch eine Stunde Zeit, die wir mit einem Bierchen mit Meerblick herumbrachten.

Auf der Fähre konnten wir den Sonnenuntergang genießen. Bozcaada ist ein bekanntes Weinanbaugebiet und in Hörweite von uns philosophierten drei Deutsche in mittlerem Alter über die edelsten Tropfen. Ich kam mit einem von ihnen ins Gespräch, er arbeitete als Vertreter für einen Weinproduzenten. Ich fragte ihn nach günstigen Unterkünften auf Bozcaada, denn ich hatte gehört, dass die Zimmerpreise in der Saison astronomische Höhen erreichen könnten. Doch die Saison war gerade vorbei, die Zimmer sollten also wieder bezahlbar sein. Er empfahl, auf einen Typen namens Ersin am Hafen zu achten, der passte jede Fähre ab und bot den ankommenden Reisenden günstige Zimmer an. Wir liefen auch direkt in seine Arme und ließen uns seine Gemächer zeigen. Nach einigem Verhandlungsgeschick bekamen wir ein kleines, gemütliches Doppelzimmer mit eigenem Bad für 40 Lira (20 Euro) pro Nacht.

Auf der Insel ist es nun schon dunkel und wir haben noch nicht allzu viel gesehen, aber die Stimmung ist recht gechillt. Am Hafen gibt’s gemütliche Restaurants mit Tischen am Wasser, da werd ich die Stephanie morgen mal zu ’nem Glas bozcaadischem Wein ausführen. Heute werden wir uns noch ein paar Dosen Efes kaufen und am Meer rumchillen.

Asiatischer Teil von Istanbul und Aufbruch nach Tekirdag



 

Der heutige Tag war erstmal unser letzter in Istanbul, wir beschlossen, etwas ruhigere Gefilde anzusteuern. Mich interessiert eine kleine Mittelmeerinsel namens Bozcaada, die nur 2500 Einwohner hat. Also besorgten wir uns heute Morgen ein Busticket in diese Richtung. Auf halber Strecke liegt Tekirdag, ein kleines Städtchen, das im Lonely Planet ganz nett beschrieben war. Falls wir von dort nicht weiter kommen, können wir da auch gut eine Nacht verbringen uns dann morgen weiter Richtung Insel fahren.

In Istanbul hatten wir aber noch einen Plan, nämlich den asiatischen Teil auf der anderen Seite des Bosporus kennen zu lernen. Wir setzten mit der Fähre über und lernten während der kurzen Fahrt zwei Deutschtürken kennen. Ich fragte sie bisschen aus, was es am Mittelmeer noch so zu sehen gibt. Über Bozcaada konnten sie nur Gutes berichten, aber wärmstens ans Herz legten sie uns Daca, eine Halbinsel im südlichen Mittelmeer. Nach welchem Ort auch immer ich fragte, die Antwort war stets: „Ja, dort ist es schön, aber kein Vergleich zu Daca, das ist das Paradies!“ Hat mich schon ein bisschen neugierig gemacht, aber ich bin mir nicht sicher, ob wir es schaffen können, uns bis dorthin durchzuschlagen.

Vom asiatischen Teil Istanbuls war ich etwas enttäuscht. Er ist neuer und viel betonlastiger als der europäische Teil und hat nicht annähernd so viel Flair. Wir latschten bisschen herum und landeten schließlich auf einem mulimischen Friedhof. Ich fand’s ziemlich interessant im Vergleich zu einer christlichen Ruhestätte. Alles schaut dort etwas verloddert aus, die Gräber waren recht lieblos hingebaute Steinkästen, die von wildem Bewuchs überwuchert waren. Dazwischen gab es keine Wege, sondern man musste direkt über die Gräber klettern, um voran zu kommen. Ich frage mich, ob Muslime der irdischen letzten Ruhestätte vielleicht wenig Bedeutung beimessen, da die Seele ja sowieso schon längst im Paradies weilt.

Ganz nett war der Besuch einer weiteren Moschee. Wie bei den bisherigen machte sich darin wieder diese ruhige, friedliche Stimmung breit. Wir waren zuerst etwas unsicher, ob wir als Besucher dort wirklich willkommen waren, was aber völlig unbegründet war. Wir wurden sogar nach oben auf eine Art Empore gebeten und konnten von dort eine schöne Aussicht über den Gebetsraum genießen.

Auf dem Weg zurück zur Fähre fanden wir uns zufällerweise plötzlich zwischen dutzenden malenden Künstlern wieder, die den Blick über den Bosporus auf den europäischen Teil festhielten. Neugierig schauten wir ihnen über die Schulter und fragten uns, ob das eine Art Malwettbewerb war. Kaum hatten wir uns versehen, wurden uns zwei Stühle angeboten. Man reichte uns Tee und Sandwiches, ohne dass wir nach irgendwas gefragt hätten oder jemand Geld haben wollte. Diese unglaubliche Gastfreundschaft finde ich wirklich beeindruckend. Eine ältere Frau erzählte uns in gebrochenem Deutsch, dass sie eine Weile in Wuppertal gelebt hatte. Ich fragte, was das denn hier für eine Veranstaltung sei, worauf sie aber auch keine Antwort wusste. Als wir schon am Gehen waren, eilte sie uns hinterher und sprach mich nochmal an. Sie hatte sich extra für uns erkundigt und erzählte mir, dass es wirklich ein Malwettbewerb war. Diese Türken sind schon ein nettes Völkchen.

Abends schnappten wir unsere Sachen im Hostel und machten uns auf den Weg zum Bus. Ein Minibus brachte uns zum Teminal, wo wir bis zu unserem Anschlussbus noch eine halbe Stunde Wartezeit hatten. Ein junger Kerl, bei dem ich mich nach dem genauen Abfahrtsort erkundigte, fragte, ob wir schon früher fahren wollten. Da setzte er plötzlich alles in Bewegung, damit wir unsere Tickets umtauschen konnten, um direkt zu starten. Es war wirklich unglaublich, ohne auch nur das geringste Eigeninteresse daran zu haben, sprang er zum Schalter, regelte alles und setzte uns in den richtigen Bus. Er zeigte uns unseren Platz und sagte, wir sollten einfach mit ihm in Tekirdag aussteigen.

Die Fahrt dauerte drei Stunden. Unterwegs erkundigte er sich für uns, ob wir einen direkten Anschlussbus zur Insel bekommen könnten. Dafür war’s zwar leider zu spät, aber er tat alles, um uns zu helfen und erklärte uns den Weg zu einem Hotel. Schließlich gab er uns noch seine Telefonnummer und meinte, falls wir nichts mehr finden würden, könnten wir einfach bei ihm übernachten. Ich war wirklich baff, sowas würde einem in Deutschland nie passieren. Wenn ich alleine gewesen wäre, hätte ich die Einladung vielleicht angenommen. Aber Stephanie und ich hatten konnten doch so ein wenig Misstrauen nicht abschütteln, dass da irgendwas nicht stimmen konnte bei so viel Freundlichkeit einem reisenden Päärchen gegenüber.

Wir suchten den Weg zum Hotel, ein Kioskbesitzer, den wir nochmal nach der Richtung fragten, überschlug sich fast vor Hilfsbereitschaft und malte eine Karte auf, damit wir die richtige Abbiegung finden. Wirklich ein nettes Völkchen, diese Türken. Schließlich schauten wir uns die beiden einzigen Hotels in der Stadt an. Die Zimmer sind teurer, als wir eigentlich geplant hatten, dafür haben wir nun ein wirklich nobles Schlafgemach.

Tekirdag ist berühmt für eine seine spezielle Zubereitungsart von Köfte, den wir natürlich probierten. War sehr lecker, auch wenn ich nicht wirklich einen Unterschied zu ganz normalem Köfte erkennen konnte. :) Ausklingen ließen wir den Abend mit einem Döschen Efes auf einer Mole am Wasser, morgen früh geht’s dann weiter zur Insel.

Landung auf Gran Canaria



 

Um 2:00 Uhr nachts landeten wir schließlich in Las Palmas de Gran Canaria. Ein Bus brachte uns ins Zentrum, aber noch ein ganzes Stück von unserem reservierten Zimmer im Falow entfernt. Die Stadt war wie ausgestorben und wir standen mit unseren Rucksäcken ein bisschen verloren auf der Straße herum. Wir klapperten die Gegend nach günstigen Zimmern ab, aber es war nichts zu finden.

Also was tun? Mit ’nem Taxi zum Falow fahren, wo wahrscheinlich sowieso niemand da wäre? Wir waren auch einigermaßen durch und wollten nur noch ein Bett… da erschien dieses 3-Sterne-Hotel plötzlich vor uns. 72 Euro für ein Doppelzimmer war natürlich ziemlich dicke, aber egal, das kostete es nun mal, Hauptsache ein Bett und ein Dach über’m Kopf. Also eingecheckt und hingehauen.

Unsere Investition wurde am Morgen mit einem grandiosen Frühstücksbüffet belohnt, wir schlemmten in der oberen Etage mit Meerblick und freuten uns auf die kommenden zwei Wochen. Wir wollen jetzt so schnell wie möglich mit der Fähre nach Teneriffa rüber und irgendwann weiter nach La Gomera. Auf Gran Canaria haben wir auf diesem Trip eigentlich nicht viel verloren. Die Hostelfrau hat uns die Abfahrtszeiten der Fähre gegeben, um 16:00 Uhr startet unser Schiff.

Bogota, letzter Stopp vorm Abflug



 

Nach 18 Stunden Busfahrt bin ich heute in Bogota angekommen, meinem letzten Stopp vorm Abflug nach Deutschland. Die Fahrt erinnerte mich bisschen an die eiskalten Busse in Bolivien, obwohl hier draußen 30 Grad waren. In Kolumbien haben sie aber so viel Spaß an ihrer Klimanlage, dass ich selbst mit zwei Pullovern bibberte. Ich versteh nicht, was das soll, alle im Bus waren in dicke Decken gewickelt, um das auszuhalten. Wahscheinlich ist Kälte hier so ein Abenteuer, dass es trotzdem Spaß macht.

Bogota scheint auf den ersten Blick ein cooler Ort zu sein, im Zentrum sind recht freakige Leute unterwegs, teilweise extreme Fashion-Victims, über die ich manchmal schon etwas schmunzeln muss. Zum Beispiel hatte ’ne Chica als Accessior ’ne bunte Gummikappe in ’nem Nasenloch stecken. Vielleicht hilft die auch, damit das Koks nicht rausfällt. :)

Bis jetzt war ich der festen Überzeugung, dass mein Flug nach Deutschland am Sonntag geht. Zum Glück hab ich heute nochmal online gecheckt und festgestellt, dass ich schon Samstag früh starte. Am Sonntag komm ich dann an und der Wetterbericht sagt 30 Grad und Sonnenschein vorraus, perfekt!

Angekommen an der Karibikküste



 

Nach 13 Stunden Busfahrt bin ich endlich in Cartagena angekommen. Unterwegs lag ein Laster quer und hat die Straße versperrt, man munkelte schon, dass die Räumung die ganze Nacht dauern würde. Zum Glück hat’s nur ’ne Stunde gedauert und mir wurde das Übernachten im Bus erspart.

Die Taxifahrt vom Bus-Terminal zum Hostel war auch nochmal aufregend. Keine Ahnung, was sich der Taxifahrer reingefahren hat, aber er hat nur lallend kommuniziert und ist Runden durch’s Zentrum gefahren, auf denen er immer wieder die richtige Straße verpasst hat. :) Aber schließlich sind wir angekommen und ich bin in ’nem Hostel, in dem morgen noch ein paar meiner Hostel-Kollegen aus Medellin ankommen werden.

Strandort Montañita



 

Heute Nachmittag hab ich mir im Wohnzimmer der Hostel-Besitzerin Deutschland gegen Österreich angeguckt. Hat ja nochmal geklappt, aber wirklich begeistert war ich nicht, so werden wir im Viertelfinale gegen Portugal auf jeden Fall untergehn. :(

Danach hab ich ausgecheckt und mich von Daniel verabschiedet. Der ist direkt mal ins Hostel von seiner Französin gewechselt, klassischer Stürmer eben. :)

Eigentlich wollte ich heute weiter ziehen in die equadorianischen Berge. Aber ich hab gehört, dass in Montañita, eine Stunde von Puerto Lopez entfernt, gut Party geht und es außerdem ein richtig netter Strandort ist. Auf Kälte hab ich noch nicht so richtig Bock und Party klingt auch gut, vielleicht kann man sich ja da die Equadorianerinnen mal bisschen näher anschauen. :) Also hab ich mich kurzerhand in den Bus gesetzt und bin nach Montañita gedüst.

Vorher gab’s einen ziemlich dramatischen Abschied von Helen. Helen ist jung, braunhaarig, fröhlich… und Hund. :) Sie gehört zum Hostel und ist mir seit der morgendlichen Angeltour auf Schritt und Tritt gefolgt. Sie ging mit mir ins Restaurant und hat dort brav eine Stunde unter’m Tisch gewartet. Danach folgte sie mir an den Strand, sogar Fußball hat sie mit geguckt. Nur den Torjubel hat sie nicht wirklich hingekriegt. :) Sie kam bis zur Bushaltestelle hinter mir her, ich hab sie nochmal geknuddelt und mich schließlich heimlich in den Bus geschlichen, um sie nicht dort noch reinzulocken. Bei der Abfahrt sah ich sie am Straßenrand stehen und verwirrt umher gucken.

Felix und Helen

Favela-Tour



 

Ich war heute mit einem Führer und 10 Travellern auf einer dreistündigen Favela-Tour unterwegs. So ’ne geführte Tour ist die einzige sichere Art, als Gringo eine Favela von innen zu sehen, auf eigene Faust sollte man dort keinen Fuß reinsetzen. Immer wieder sind Touristen in Favelas verschwunden, wahrscheinlich werden sie einfach ausgeraubt, abgeknallt und irgendwo verschachert, die Polizei setzt dort keinen Fuß rein und findet sie deshalb auch nie. Warum niemand die geführten Touren überfällt, die ja eigentlich ein lohnenswertes Ziel wären, weiß ich nicht 100%ig, aber man erzählt sich, dass die Führer die Favela-Bosse bezahlen und sich somit Sicherheit erkaufen.

Favela und DowntownTrommelnGasseFrauHäuserShopHofÜberblick

Wir sind um 10 Uhr morgens in die Rocinha Favela gefahren mit ca. 200,000 Einwohnern die größte in Rio. Sie liegt, wie fast alle Favelas, auf ’nem Hügel, hoch brachten uns Motorrad-Taxis. Die Fahrt war ein ziemlicher Adrenalinkick, denn die Motorräder lieferten sich ein kleines Rennen und hatten einen Heidenspaß daran, uns Gringos vor Angst schlottern zu sehen. Sie schlängelten sich zentimeternah am Gegenverkehr vorbei, aber irgendwie hat alles geklappt und wir kamen oben an.

In den 30er Jahren entstand Rocinha, indem Arme einfach ihre Hütten auf den bis dahin unbebauten Hügel setzten und dort lebten. Heute gibt es in Rio über 700 Favelas. Rocinha ist inzwischen recht gut entwickelt, die meisten Häuser bestehen aus Stein, es gibt Strom und Wasser. Im Norden von Rio müssen sie wohl richtig krass sein und nur aus Holz und Planen bestehen. Die Bewohner von Rocinha arbeiten oft in der Stadt in Baubetrieben und können ihr Know-How so für den Favela-Bau verwenden. Aber man kann auch dort von recht komfortablen Häuserrn bis zu ärmlichen Bruchbuden alles finden.

Unser Führer war etwas geizig mit Informationen und erzählte nur das nötigste, von Nina hatte ich aber ’ne ganze Menge über das Favela-Leben erfahren. Die meisten Favelas werden von Drogenbossen regiert, die auf der Spitze des Hügels ein schickes Häuschen haben. Die Favela ringsherum funktioniert wie eine Armee. Typen mit Walkie-Talkies und Maschinengewehren rennen herum und halten nach Bullen Ausschau, sobald welche gesichtet werden, wir die Information sofort weiter gefunkt. Wenn’s hart auf hart kommt, müssen alle Bewohner kämpfen, entweder gegen einfallende Bullen oder eine konkurrierende, angreifende Favela-Armee, dafür gibt’s leicht erreichbare Waffendepots.

Wenn in der Stadt irgendwas passiert, was dem Favela-Boss nicht passt, ruft er zum Streik auf. Dann darf keiner der Bewohner mehr arbeiten, und weil fast alle Jobs in den umliegenden Stadtvierteln haben, funktioniert dann schnell gar nichts mehr, Busse fahren nicht und so weiter.

Apropos Busse: Außer den Stadtbussen fahren tausende Minibusse durch Rio, besonders nachts kommt man damit am schnellsten zum Ziel. Die Minibusse werden von den Favelas betrieben, ein Teil von der verdienten Kohle geht an den jeweiligen Boss. Die Farbe der Busse signalisiert, zu welcher Favela sie gehören und wenn eine bestimmte Farbe mal nicht unterwegs ist weiß man, dass es in dieser Favela gerade Stress gibt.

Wir haben außer den Walkie-Talkie- und Maschinengewehrtypen aber nicht allzu viel von all dem Untergrund mitbekommen. War trotzdem superinteressant, diese Welt mal zu sehen, auch wenn ich mir bisschen komisch vorkam, als reicher Gringo mit der Kamera durch die Slums zu rennen und arme Leute zu fotografieren. Andererseits hätte ich sonst nur das reiche Rio zu Gesicht bekommen und ich wollte auf jeden Fall auch mal die andere Seite sehen.