Abschied von Marildy



 

Heute Morgen hieß es für mich Abschied nehmen von Quito und von Marildy. Ich lud die Kleine zum Frühstück in den „Coffee Tree“ ein. Sie erzählte mir noch ’ne ganze Menge interessante Geschichten. Zum Beispiel, dass das „Coffee Tree“ und ’ne ganze Menge anderer Kneipen im Zentrum ein paar Israelis gehörten, die die ganze Kohle scheffelten und sie es Scheiße findet, dass Westler so einfach ’nen Laden in ihrem Land aufmachen können, sie aber nicht mal ein Visum für diese Länder kriegen würde.

Felix und Marildy

Außerdem hat sie noch dies und das vom Leben der Quichua erzählt. Beziehungstechnisch scheinen diese erstaunlich fortschrittlich zu sein, ihr Onkel lebt mit seiner Frau zum Beispiel mit ’nem anderen Paar zusammen in ’ner Art offenen Viererbeziehung. Ein anderer im Dorf hat gleich mal zwei Frauen. So traditionell die Quichua auch wirken, im Herzen sind sie anscheinend die reinsten Hippies. :)

Marildy war ziemlich traurig, mich bald nicht mehr zu sehen. Ich meinte, dass sie mich gerne mal in Deutschland besuchen kann. Sie muss zwar ’ne ganze Weile rackern, um die Kohle für den Flug zusammenzubekommen, aber will’s versuchen. Für das Visum könnte ich ihr ’ne Einladung schreiben, dann geht’s wohl um einiges einfacher. Wäre auf jeden Fall voll der krasse Trip für sie, ich fände es auch schön, sie mal wieder zu sehn.

Sie brachte mich noch zum Bus, ich gab ihr ’nen Kuss, dann ging’s für mich weiter… zur Mitte der Welt.

Die Mitte der Welt



 

Von Quito aus hab ich mich auf den Weg zum Äquator gemacht. „Mitad del Mundo“ (Mitte der Welt) ist eine ziemlich Touristenattraktion mit ’nem fetten Monument und ’ner roten Linie… leider 240 entfernt vom Äquator. Als es errichtet wurde gab’s noch kein GPS, heutige Messungen haben den echten Äquator viel genauer gefunden.

3312 - Felix am Äquator-Monument……und am echten ÄquatorGPS am NullpunktWasserexperiment

Am echten Äquator gibt’s ein kleines, aber ziemlich faszinierendes Museum, das ein paar verblüffende Experimente vorführt. So kann man ein Waschbecken bestaunen, das direkt auf dem Äquator das Wasser ohne kreisenden Strudel verliert, drei Meter nördlich gegen den Uhrzeigersinn und drei Meter südlich im Uhrzeigersinn.

Oder man kann ein rohes Ei auf einem Nagel aufstellen, ohne dass es runter fällt, was am Äquator einfacher als woanders gehen soll. Außerdem ist es kaum möglich, direkt auf dem Äquator mit geschlossenen Augen eine gerade Linie zu laufen. Und ein Mensch wiegt am Äquator durch die Fliehkraft ein Kilo weniger als an den Polen.

Finale Trauer



 

Mann, Mann, Mann, das hatte ich mir anders vorgestellt. Bin zum Fußball gucken in ’ne Kneipe gegangen, wo später auch der Deutsche Jonas vorbei kommen wollte. Erst füllte sich der Laden mit erschreckend vielen Spaniern, zum Anpfiff gab’s dann aber ’ne deutliche deutsche Übermacht.

Leider nur vor dem Bildschirm und nicht auf dem Platz. Die ersten 10 Minuten ließen mich hoffen, das sah doch ganz so wie gegen die Portugiesen aus, schönes Kombinationsspiel, Druck auf’s Tor. Doch dann ließen sich unsere Jungs das Spiel aus der Hand nehmen, kein Pass kam mehr an, die Abwehr schwamm noch schlimmer als sonst und es spielten nur noch die Spanier.

Beim 1:0 sahen weder Lahm, noch Lehmann gut aus. Lahm bremste ab, warum auch immer, und Lehmann kam viel zu spät aus dem Kasten. Entweder drin bleiben oder raus, aber erst abwarten und dann doch rennen, das geht einfach nicht! Seit der WM hat der Mann echt abgebaut, ich finde man merkt, dass er kein Stammspieler mehr bei Arsenal ist.

In der zweiten Halbzeit gab’s nochmal ein Fünkchen Hoffnung, als unsere Jungs 30 Minuten vor Schluss die Sturmoffensive starteten, auf die ich schon das ganze Spiel gewartet hab. Aber nach 10 Minuten war auch das vorbei und die Spanier hatten das 2, 3 oder sogar 4:0 auf dem Fuß und nur etwas Pech ihrerseits verhinderte, dass ein paar Dinger einschlugen.

Nicht mal für ’ne Alles-oder-nichts-Endphase hat’s gereicht. Die letzten 3 Minuten hätte doch der Lehmann mit nach vorne gemusst, um vielleicht noch den Ausgleich reinzuköpfen! Aber nichts, man wartete einfach auf den Abpfiff.

Danach waren die Spanier in der Kneipe trotz Unterzahl lautstärkemäßig ganz weit vorne. Ich hatte mir das ganze Spiel über schon gesagt: Wenn wir Europameister werden, werd ich mich auf jeden Fall besaufen. Und wenn wir’s nicht werden, dann werde ich mich auch besaufen!

Gesagt, getan, ich lernte zwei Kanadier kennen und leerte den einen oder anderen Bierkrug mit ihnen. Einer von ihnen behauptete, ich sei seinem Bruder wie aus dem Gesicht geschnitten. Er zeigte mir ein Foto, und ich konnte wirklich nicht leugnen, dass da eine gewisse Übereinstimmung vorhanden war. Nach und nach vergaß ich das Spiel und freute mich auf mein Date mit Marildy am Abend.

Party in Quito



 

Nach den ruhigen Tagen in den Bergen hat’s mich gestern Abend wieder mal richtig nach ’ner heißen Runde Reggaeton gedürstet. Vorher hab ich aber noch ’nen Stopp in ’nem Parilla-Restaurant gemacht und die mir die mittlerweile schon bekannte Kilopfanne Fleisch bestellt. Das werd ich in Deutschland vermissen, da gibt’s sowas wohl nur zu unbezahlbaren Preisen.

Danach hab ich in der Bar vorbei geschaut, in der ich letzte Woche den Deutschen Jonas kennen gelernt hatte, und tatsächlich war er wieder da. Ich lernte zwei ecuadorianische Freunde von ihm kennen, wir schnackten bisschen und tranken lecker Mojito. Dann zogen weir weiter in ’ne Disco, in der angeblich gut Reggaeton laufen sollte.

Tat es dann aber leider gar nicht, die Musik war scheiße und der Laden gringoverseucht. Die beiden Ecuadorianer versuchten mir hier und da ’ne Chica zum Tanzen schmackhaft zu machen, aber keine gefiel mir, entweder es waren Gringas oder sie waren hässlich. Ich spielte ’ne Runde Billard, es wurde später und später und meine Stimmung nicht besser. Plötzlich sah ich eine kleine, süße Maus am Rand der Tanzfläche sitzen. Ich fragte sie einfach, wie sie heißt und wir kamen ins Schnacken. Die Kleine hieß Marildy und „klein“ ist hier wörtlich zu nehmen, 1,48 Meter, aber superschnucklig irgendwie, sie war Halb-Chichua und hatte deshalb was sehr indianisches an sich.

Bald machte die Disco dicht und ich schlug vor, noch zu ’nem After-Hour Laden um die Ecke zu gehen. Den kannte ich schon von letzter Woche und ich wusste, dass ich da auf jeden Fall meine Reggaeton-Dosis kriegen würde, was natürlich hervorragende Aussichten mit Marildy waren. :) Sie war einverstanden und wir zogen weiter.

Auf dem Milch-Truck durch die Berge



 

Gestern Abend landeten wir alle an der Hostel-Bar. Die beiden Französinnen stellten sich aber als echte Partymuffel heraus, denn nach 20 Minuten meinten sie mal wieder, sie wollten ins Bett gehen. Meine Frage, ob das eine Einladung sei, verneinten sie leider. :( Antony, ich und der Quebecer hatten aber nichts gegen bisschen Gemütlichkeit, leerten ’ne Buddel Rum und schnackten stundenlang.

Heute Morgen hatten die Franzosen und ich den gleichen Weg bis nach Latacunga. Die beste Transportmöglichkeit ist der Milch-Truck, der jeden Morgen zwischen 9 und 10 Uhr vorbei kommt. Wir warteten ein Stündchen, dann kam er endlich. Es war ein Pick-up, auf dessen Ladefläche der Milchmann mit ’nem Fässchen stand, außerdem quetschten sich ca. 8 Leute dort. Es war kaum zu glauben, aber selbst wir passten noch drauf.

Ab auf den MilchtruckOma und EnkelinTalSchwein, am Haken und in der Pfanne

Antony und ich saßen jeweils auf einer Kante der Ladefläche und brauchten einige Übung, um auf der Huckelpiste nicht von Bord zu fliegen. Auf der Fahrt lernte ich schließlich, dass, egal wie voll der Pick-up war, immer noch einer mehr drauf passte. Irgendwann waren wir 14 Leute, einer stand auf der Stoßstange und schafft es irgendwie, nicht runterzufliegen.

Am Straßenrand standen überall wartende Quichua. Wer Kühe hatte, verkaufte seine Milch an den Milchmann, der wiederum belieferte damit alle, die keine hatten. Die Fahrt war trotz Quetschungen und extremer Staubigkeit ein richtiges Highlight für mich. Die Quitchua auf dem Truck waren eine Mischung aus schüchtern und neugierig, nach ’ner Weile schnackte ich mit einigen.

Irgendwann kam ’ne Oma mit ihrer 10jährigen Enkelin auf die Ladefläche und quetschte sich neben mich. Die beiden waren supersüß und kicherten und tuschelten die ganze Zeit. Ich hab auch ab und zu was zu ihnen gesagt, was meistens zu noch mehr Gekichere führte. Ich ließ mir von ihnen die Zahlen von 1 bis 5 auf Quichua beibringen, meine lustige Aussprache brachte schließlich den ganzen Truck zum Lachen. :)

Nach zwei Stunden kamen wir in einem Dorf namens Sigchos an, wo wir ’ne Stunde auf den Bus nach Latacunga warten mussten. Ich lief mit Manon, einer der beiden Französinnen, bisschen durch den Ort. Der war nicht besonders toll, aber ringsherum gab’s nochmal richtig schöne, grüne Täler.

Auf dem Weg zurück zum Bus-Terminal kamen wir an ’nem Imbiss vorbei, der ein totes, fettes Schwein an ’nem Haken baumeln hatte, das interessierte mich natürlich. Das Viech wurde vor ’ner halben Stunde geschlachtet, ließ ich mir sagen, und brutzelte teilweise schon in der Pfanne daneben. Manon kam mir mit irgend so ’ner komischen Tiermedizinerethik, dass es respektlos wäre, das tote Viech zu fotografieren. Ich ließ mich davon nicht beeindrucken und zollte der Sau lieber Respekt, indem ich mir ein Stück von ihr schmecken ließ. :)

Wir fuhren alle noch zusammen nach Latacunga, verabschiedeten uns schließlich und ich machte mich auf den Weg nach Quito. Im Bus schnackte ich noch schön mit ’ner 70jährigen Ecuadorianerin. Die südamerikanischen Omas haben irgendwie was spezielles, sie sehen zwar alt, aber nie wirklich verlebt aus, man kann das schwer beschreiben.

In Quito hab ich mir schließlich ein Hotelzimmer mit Kabelfernsehen genommen, da gibt’s die „Deutsche Welle“, perfekt, um sich auf das WM-Finale morgen einzustimmen. Morgen Mittag werd ich hoffentlich ’ne Kneipe mit genug Deutschen finden, um den Pokalgewinn orgentlich zu feiern. :) Aber mal im Ernst: So richtig optimistisch bin ich nicht. Die Spanier sind ein dicker Brocken. Mal sehn, vielleicht gibt’s ja ’ne Überraschung, gegen die Starken sind unsere Jungs ja immer so richtig aufgeblüht, sie sollen’s morgen einfach noch einmal machen.

Chugchilan und Canyon



 

Nach 1 1/2 Stunden auf dem Pick-up erreichten wir Chugchilan, ein süßes Dorf, dass ganz gut auf Touris eingestellt war. Ich landete in ’nem wunderbaren Hostel, richtig gemütlich mit super Aussicht. Und was für ein himmlisches Gefühl war es, die Klospülung zu betätigen und Wasser kommen zu sehen! Von den Franzosen war bislang noch nichts zu sehen. Ich fing schon an mir Sorgen zu machen, da trafen sie schließlich ein, nach 8 Stunden Fußmarsch für 14 km, weil die eine Französin Probleme mit ihrem Knie hatte.

SchäfchenQuichua-MädchenFelderHäuschenCanyonMehr CanyonIm CanyonKiddies

Mittlerweile war es 16 Uhr und mit Erschrecken ließ ich mir sagen, dass ich morgen früh um 9 Uhr losfahren müsste, um nach Quito zu kommen. Ich wäre gerne länger geblieben, aber um das EM-Finale am Sonntag zu sehen, muss ich morgen Abend in Quito sein. Die einzige Möglichkeit, was von der Gegend um Chugchilan zu sehen, waren also die zwei Stunden, bis es um 18 Uhr dunkel würde.

Ich machte mich auf den Weg zum nahegelegenen Canyon und war noch mehr baff von der Landschaft als in Quilotoa. Ich will fast behaupten, dass es die schönste Natur ist, die ich je zu Gesicht bekommen hab. Es dämmerte schon etwas, aber selbst in diesem Licht hatte das grüne Tal eine ganz spezielle Wirkung. Der Canyon war bestimmt 100 Meter tief, man konnte bis an die Kante gehen und in den Abgrund schauen. Ein Stück weiter gab’s ’nen steilen Pfad nach unten. Ich wusste nicht so recht, ob ich den nehmen sollte, ich hatte ja keine Ahnung wie lange Auf- und Abstieg dauern würden und wollte nicht unbedingt bei Nachteinbruch im Canyon stecken. Aber für mich als alten Bergsteiger sollte das ja kein Problem sein, also kletterte ich runter.

Das war die Anstrengung auf jeden Fall wert, denn unten gab’s unglaublich grüne Wiesen, Kühe und kleine Häuschen mit rauchendem Schornstein, richtig romantisch. Ich kletterte dann auf der anderen Canyonseite wieder hoch. Dort war der Pfad noch steiler, aber ich kam trotzdem ganz gut voran. Schließlich kam ich schnaufend und schwitzend auf ’nem kleinen Feld an, auf dem ein Quichua-Mann mich lachend begrüßte und fragte, warum ich so außer Puste sei. :)

Zurück in Chugchilan gab’s Abendessen im Hostel, diesmal wirklich lecker und im Vergleich zu Quilotoa fast schon luxuriös. Wir lernten noch zwei Quebecer kennen und werden uns wohl gleich noch bisschen an der Hostel-Bar amüsieren.

Atemberaubende Landschaften



 

Letzte Nacht hab ich fast kein Auge zugetan, weil meine Matratze hart wie ein Brett war. Die Morgendusche fiel auch aus, weil das Wasser im Hostel nicht funktionierte. Im Klo sammelte sich so ’ne interessante Mischung der Exkremente aller Gäste. :)

Antony und die Mädels haben sich heute Morgen auf einen Fußmarsch ins 14 km von Quilotoa entfernte Chugchilan begeben. Dort wollte ich zwar auch hin, aber nicht zu Fuß, lieber wollte ich die Gegend um Quilotoa noch bisschen erkunden.

SchafQuichua-MädchenFeldarbeitLandschaftLagune in grünDörfchenJungsFeld

Ich bin ’ne Weile am Kraterrand entlang gelaufen, der Blick auf die Lagune hat mich nach wie vor fasziniert. Dann bin ich querfeldein über Wiesen und Felder gezogen. Die Landschaft war sowas von umwerfend, dass ich mich kaum satt sehen konnte. Ewig weit konnte man kleine Häuschen und Dörfer sehen, unterwegs traf ich immer wieder Quichua, mal spielende Kinder, mal ein Päärchen bei der Feldarbeit. Mit allen schnackte ich kurz, sie waren sehr zurückhaltend, aber doch nett. Bisschen skeptisch schienen sie aber alle zu sein, was der blonde Gringo wohl will. Und kein einziger von ihnen hat jemals was von Deutschland oder auch nur Europa gehört. Ich hab dann immer gesagt, wenn man ans Meer von Equador fährt und noch vieeeeeeel weiter, kommt man irgendwann dort an.

Mal wurde ich von zwei Hunden gejagt, die ein Feld beschützten, nach ’nem ordentlichen Spurt auf’s Nachbargelände gaben sie Ruhe… leider aber nicht der Nachbarhund, der direkt zur Jagd ansetzte. Ich rannte schließlich vom Feld runter auf ’nen Weg, das stellte endlich alle Bewacher zufrieden.

Wieder in Quilotoa angekommen ließ ich mir im Hostel noch ein Mittagessen braten, es gab, was es am Mittag und am Abend vorher auch schon gab und wahrscheinlich auch für immer und ewig geben wird: Suppe, Reis und Hühnchen.

Dann wartete ich am Straßenrand auf den Bus nach Chugchilan. Ne halbe Stunde passierte gar nichts, aber das ist irgendwie auch ein Stück Südamerika, sitzen und warten ohne sich die Bohne drum zu scheren. Schließlich kam ein Pick-up vorbei und fragte, ob ich nach Chugchilan wollte. Für drei Dollar würde er mich mitnehmen, ich war einverstanden. Ich landete auf der Ladefläche mit ’ner Quichua-Familie, drei Frauen und zwei Kinder. Ich tat mein bestes, um Konversation herzustellen, aber sie waren entweder extrem schüchtern oder hatten was gegen Gringos. Mit viel Mühe kriegte ich ab und zu ’ne Antwort auf ’ne Frage, aber mehr auch nicht.

Die Fahrt auf der Ladefläche war aber auf jeden Fall interessanter als jeder Bus, noch dazu auf der staubigen Holperpiste. Es schleuderte mich hin und her, aber egal, für mich war’s ein Abenteuer. Die Landschaft raubte mir nach wie vor fast den Verstand, wir kamen an grünen Tälern, kleinen Häuschen und Dörfern vorbei.

Lagune Quilotoa



 

Heute Morgen hab ich ’nen Bus nach Latacunga genommen. Von dort aus führt eine Straße ringförmig durch die indianische Bergregion Ecuadors, die Quilotoa-Loop genannt wird. „Straße“ sollte man dabei nicht so wörtlich nehmen, meistens gleicht sie eher einem Feldweg.

Meine erste Station auf dem Loop war die Lagune Quilotoa, die in einem mittlerweile inaktiven Vulkankrater liegt. Daneben gibt’s ein kleines Dörfchen namens Quilotoa, wo man ’ne Unterkunft finden kann. Die Behausungen sind sehr einfach, einige sind eher ’ne Scheune als ein Haus. Ich hab nach ’ner Weile aber ein ganz annehmbares Zimmer gefunden. Um so ärgerlicher war, dass kurz danach zwei Französinnen ankamen und behaupteten, schon am Morgen das Zimmer gemietet und ihre Rucksäcke unterm Bett deponiert zu haben. Wohl oder übel musste ich ins Nachbarzimmer umziehen, ein dunkles Loch ohne Fenster. Grummelig fügte ich mich meinem Schicksal und machte mich dann auf zur Lagune.

Lagune QuilotoaReiterinLagune aus der NäheBootsjunge

Die war dann wirklich atemberaubend und meine Stimmung hellte sich wieder auf. Quilotoa liegt 3800 Meter über dem Meeresspiegel, bis nach unten zur Lagune sind’s 500 Meter Höhenunterschied. Es dauert ’ne ganze Weile bis runter, aber von allen verschiedenen Blickwinkeln und Höhen aus entfaltet der Anblick der Lagune jedes Mal seine ganz spezielle Wirkung. Das Wasser wechselt seine Farbe je nach Sonneneinstrahlung von grün zu blau bis türkis. Die genaue Tiefe kennt niemand, bis jetzt wurde nur an einer Stelle gemessen und man kam auf 800 Meter. An der linken Seite gibt’s Strudel und keiner traut sich wirklich hin, dort weiß man die Tiefe einfach nicht.

Unten angekommen traf ich auf ’ne Touri-Gruppe, von der ich mich aber schnell entfernte. Das war der perfekte Ort, um bisschen Einsamkeit zu genießen, ich setzte mich ans Ufer und träumte vor mich hin. Bald machten sich die Gringos zum Glück aus dem Staub und ich war wirklich fast alleine, außer mir hopsten nur drei einheimische Jungs rum. Ich quatschte sie an, zuerst waren sie wie alle Quichua extrem schüchtern und trauten sich kaum was zu sagen. Ich ließ ein paar Steine auf der Wasseroberfläche springen und fragte, ob sie das auch könnten, da tauten sie langsam bisschen auf.

Es stellte sich heraus, dass die Familie der Jungs Pferde und Boote für Touris verlieh. Die drei fragten mich, ob sie mich für zwei Dollar mit dem Schlauchboot zu ’ner heißen Quelle bringen sollten. Ich war einverstanden und wir runderten um die Ecke. Die Knirpse waren alle so um die 10 Jahre alt, ich half beim Rudern so viel ich konnte. Bald war ich allerdings mehr aus der Puste als sie. :)

Die heiße Quelle war dann nicht wirklich spektakulär und nicht mal heiß, es sprudelte einfach bisschen lauwarmes Wasser aus dem Berg. Allerdings war’s den Spaß wert, bisschen auf der Lagune rumzupaddeln. Wir ruderten wieder zurück an Land und die Jungs versuchten, mir ’nen Pferderitt für den Aufstieg anzudrehen. Dafür hätten sie allerdings hochflitzen müssen, das Pferd runter holen und dann mit mir wieder hochreiten. Sie meinten, sie bräuchten nur 45 Minuten nach oben, ich aber 1 1/2 Stunden. Das wollen wir doch erstmal sehen, dachte ich mir. Ich lehnte dankend ab und flitzte nach oben, nicht ganz in 45 Minuten, aber in 50 hab ich’s geschafft.

Abends im Hostel traf ich die beiden französischen Zimmerräuberinnen wieder. Sie hatten inzwischen noch ’nen Franzosen namens Antony aufgegabelt, der eigentlich in ’nem Zelt schlafen wollte, sich dann aber überreden ließ ins Hostel zu ziehen. Die Mädels waren 19 und 20 Jahre alt und wirklich schnuckelige Mäuschen. Nach dem Essen wollten sie leider gleich schlafen gehen. Ich hab noch ein Stündchen mit Antony geschwatzt und werd mich jetzt wohl auch ins Bett verziehen.

L – I – G – A – Lieeeegaaaa!!!



 

Mann, Mann, Mann, wat’n Fußballtag! Hier fahren um 22 Uhr gerade Hupkonzerte durch die Straßen, aber ausnahmsweise mal nicht für unsere Jungs, sondern für Liga de Quito, den Meister der equadorianischen Liga. Heute um 20 Uhr startete nämlich das Hinspiel des südamerikanischen Champions-League-Finales und ganz Equador ist schon seit Tagen aus dem Häuschen. Gegner war Fluminence Rio de Janeiro, der brasilianische Meister.

Ich war durch das EM-Finale am Mittag schon richtig schön fußballmäßig eingestimmt und hab mir heute Abend ’ne Kneipe mit ’ner fetten Leinwand für das Spiel gesucht. Und auch wenn die Deutschen schonmal besser als die Schweizer feiern, kommt doch nichts an das equadorianische Temperament ran. Bestimmt 100 Leute quetschten sich vor die Leinwand und jeder Pass, jeder Ballgewinn, einfach alles wurde frenetisch bejubelt. Die erste Halbzeit war dann auch das reinste Schützenfest, Liga prügelte die Brasilianer mit 4:1 zusammen und der Barmann spielte die Vereinshymne hoch und runter. Die Equadorianer spielten mit so einer manischen Begeisterung, dass man auf ein zweistelliges Ergebnis hoffen konnte.

Gooooooooool!!!Fan

Doch in der zweiten Halbzeit fingen sie an zu stottern. Fluminence kam zurück ins Spiel und konnte auf 4:2 verkürzen – Totenstille unter den Equadorianern. Es gab danach noch ’ne Menge gute Chancen auf beiden Seiten, zwei Lattentreffer für Liga, aber es blieb bei dem Ergebnis. Riesenspaß auf jeden Fall, fast als einziger Gringo mittendrin zu sein. Und zu sehen mit wieviel Herz sowohl Spieler, als auch Fans dabei waren. Da können sich die Deutschen mal ’ne dicke Scheibe von abschneiden, sowohl die Spieler, als auch die Fans. L – I – G – A – Lieeeeeegaaaaaa!!!!

In ’ner Woche steigt das Rückspiel und wenn’s nicht mit dem Teufel zugeht, sollte Liga de Quito das packen. Dann würden sie gegen Manchester United im Weltfinale in Tokyo spielen und das ganze Land würde hier am Rad drehen. Ich bin schon am überlegen, noch bis Mittwoch in Equador zu bleiben, um die Megaparty mitzuerleben. :)

Finale – oh, oh, naja…



 

Mann, Mann, Mann, wat ’ne Herausforderung, für mich und meine Nerven! Hab die erste Halbzeit vom Halbfinale in ’nem Restaurant mit Fernseher gesehn und war der einzige Gringo. Hab mich vor lauter Aufregung fast an meiner Forelle verschluckt! Die Türken bekamen vor lauter Ausfällen ja fast keine Mannschaft mehr zusammen und hätten eigentlich keinen Ball vor den Fuß bekommen dürfen und dann gehen sie auch noch in Führung! Ok, Schweini hat’s vier Minuten später gerichtet, aber auch danach war’s ein einziges Rumgestolpere, Rumpelfußball, mehr kann man dazu nicht sagen! Ich hab das Finale mit unseren Jungs schon fest in meinen Trip eingeplant, mitten in Quito wollte ich sein, wo genug Deutsche unterwegs sind, um fett Party zu machen, jetzt musste ich schon langsam Alternativpläne schmieden!

In der Halbzeitpause hab ich die Kneipe gewechselt, weil das Bild unscharf war. So bin ich im „Hotel Düsseldorf“ gelandet, wo ein Trupp 60jähiger deutscher Bergsteiger am Start war. Das Bild war zwar immer noch unscharf, aber wenigstens konnte man hier unter seinegleichen aus vollem Halse mitfiebern. Doch plötzlich gab’s ’nen Übertragungsausfall, alles schwarz – in Deutschland ja auch, wie ich gehört hab. Aber hier wurde noch etwas schlimmer zugeschlagen, denn insgesamt war das Bild dreimal weg im südamerikanischen Fernsehen. Frecherweise wurde währenddessen Werbung gezeigt, bis alles wieder funktioniert hat. Beim Stand von 1:1 wurde es dunkel… Werbung… Gelaber… und plötzlich stand’s 2:2, zwei Tore verpasst! Wenigstens in den letzten Minuten war das Bild wieder da und jaaaaaaaa, 3:2! Party, Jubel, Feierei. Der Führer der Bergsteigertruppe war ein Schweizer, der meinte, er fände es super, wie die Deutschen mitgingen, die Schweizer würden bei ’nem Tor nur anerkennend klatschen. Einfach nur klatschen bei ’nem Tor, das muss man sich mal vorstellen! Aber so viele schießt die Schweiz ja auch nicht. :)

Kurz nach dem 3:2 war das Bild wieder weg. Kurzes Bangen, dann die erlösende Nachricht, dass abgepfiffen wurde. Was für ’ne Zitterpartie, Mann, Mann, Mann. Das einzige, was mich für das Finale hoffen lässt, ist die Tatsache, dass wir gegen die Schwachen immer zu kämpfen hatten und gegen die Starken dann aufgedreht haben. Ich rechne mit Spanien im Finale, vielleicht gibt’s dann nochmal ’nen Kick in der Mannschaft. Ich werde auf jeden Fall in Quito sein, Sonntag 13:45 Uhr.